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"Gefahr der Nutzung der Energieversorgung als ein Instrument des politischen Drucks"

Rede vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Staßburg

Vielen Dank, Herr Vorsitzender,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte mich sehr herzlich bei dem Berichterstatter bedanken; er hat ein ganz wichtiges Thema bearbeitet - über Klimawandel und Energiepolitik wird zu Recht im Moment überall diskutiert – und einen sehr kompetenten und diplomatisch ausgewogenen Bericht darüber vorgelegt.

Als ehemaliger Umweltminister möchte ich mich aber auch sehr herzlich bei Herrn Ivanov bedanken, weil er mit seiner Stellungnahme die Breite und die Wichtigkeit des Themas deutlich gemacht hat, um das es insgesamt geht. Aber heute liegt der Schwerpunkt natürlich vorrangig bei der politischen Gestaltungsmöglichkeit von Energiepolitik und der Abhängigkeit, die dadurch erzeugt werden kann.

Ich muss sagen, dass sich leider in den letzten Jahren zunehmend der Verdacht aufdrängt, dass die Russische Föderation mit ihren gewaltigen Energievorräten nicht nur gutes Geld verdient, sondern auch ihren politischen Einfluss insbesondere auf ihre Nachbarländer verstärken will. Dafür wurden die Beispiele Ukraine und Belarus genannt. Ich möchte deutlich sagen, dass ich nicht die Bestrebungen Russlands kritisiere, faire Preise für seine Produkte zu erzielen, die auch die ökologischen Folgekosten Miteinbeziehen. Dies ist normal.

Aber hier geht es nicht um das Ziel, sondern um die Art, wie man mit seinen Nachbarländern umgeht, wie man die Verhandlungen führt und zu Vereinbarungen kommt. Und ich habe die Sorge, dass die politischen Subventionen, die es in der Vergangenheit im Energiebereich gegeben hat und die Abhängigkeiten geschaffen haben, jetzt so verhandelt werden, dass neue Abhängigkeiten entstehen.

Russland hat seine strategischen Bereiche verstaatlicht, allen voran den Energiebereich, was nicht zu mehr Effizienz und Wirtschaftlichkeit geführt hat. Doch nicht dies ist entscheidend, sondern die politische Einflussnahme. Ich habe den Verdacht, dass mit dieser politischen Einflussnahme, dieser politischen Handelspolitik, andere Länder diszipliniert werden sollen. Dafür gibt es ja nicht nur Beispiele aus dem Energiebereich, sondern auch aus anderen Bereichen, wie z.B. bei den Handelsbeziehungen zu Georgien im Bereich Wein, beim Handel mit Polen im Bereich Fleisch.

Für jeden dieser Konflikte mag es Gründe geben, aber die Summe dieser Konflikte macht aus meiner Sicht deutlich, dass die Russische Föderation leider versucht, politische Dominanzbestrebungen gegenüber ihren Nachbarländern zu realisieren. Im Gegenzug für günstige Preise wird dann häufig die Einflussnahme auf Energienetze verhandelt. Ich halte das für hoch gefährlich. Gerade Russland, welches seine eigene Energiepolitik, seine eigenen Energiekonzerne gegen alle Kooperationsbestrebungen mit anderen europäischen Firmen abschottet, versucht auf der anderen Seite genau auf diese Energienetze in anderen Ländern Einfluss zu nehmen.

Wenn dies nicht klappt, wie im Beispiel Litauens, wo der Kauf einer Raffinerie durch russische Unternehmen nicht zustande gekommen ist sondern an Polen verkauft wurde, kommt es zu Zwischenfällen: Plötzlich ging die Pipeline kurz vor der Abzweigung nach Litauen kaputt.

Ich kann an solche Zufälle nicht glauben und hielte es für gut, wenn die Russische Föderation an dieser Stelle ihre Glaubwürdigkeit dadurch unter Beweis stellt, dass sie die Energiecharta tatsächlich unterzeichnet. Das wäre der richtige Schritt, um Vertrauen zu schaffen und meines Erachtens ein gutes Zeichen, um zu einer Neuordnung der Energiepolitik im Sinne von Solidarität zu kommen.

Aber ich möchte auch betonen, dass es genauso wichtig ist - und hier unterstütze ich das, was Herr Ivanov gesagt hat - grundsätzlich die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern. Investitionen in erneuerbare Energien, in Energieeffizienz-Technologien, und ins Energiesparen helfen nicht nur, die politische Abhängigkeit zu reduzieren, sondern sind dringend notwendig, um den Klimawandel zu stoppen und unseren Kindern, über die wir heute morgen schon diskutiert haben, eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen. Dies ist das Allerwichtigste.

Vielen Dank.

 



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