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Regierungserklärung zum Europäischen Rat

18.12.2008 Rede Deutscher Bundestag

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Kollege Kelber, so sehr ich Sie als Kollegen, der sich sosehr für Umweltpolitik engagiert, schätze, muss ich doch sagen: Die Rede, die Sie heute zur Bewertung des Vertrages von Lissabon gehalten haben, ist nicht gerade Ihre stärkste Rede in diesem Zusammenhang gewesen. Sie wissen sehr genau, dass das Backing, die Beschlüsse, die Sie hier mitvertreten haben, alles andere als richtungsweisend sind. Die Bundesregierung ‑ wir wollen ihre Rolle gar nicht kleinreden ‑ hat eine große Rolle bei diesem Gipfel gespielt, allerdings als großer Bremser und Verhinderer einer zukunftsweisenden Energiepolitik.

Sie haben ja die Rolle der CDU/CSU richtig beschrieben. Aber man muss sehr deutlich sagen: Wir haben hier im Bundestag eine hundertprozentige Auktionierung beschlossen. Diesen Beschluss hat die Bundesregierung beim Gipfel nicht vertreten. Diese Vereinbarung ist gebrochen worden.

Man hat sich auch nicht an die Regeln gehalten, die wir in der Zusammenarbeitserklärung festgelegt haben. Für den Fall, dass der Bundestag etwas beschließt und die Bundesregierung sich nicht daran halten kann, haben wir ein Verfahren beschlossen. Auch dieses ist an dieser Stelle nicht eingehalten worden. Deshalb sage ich sehr deutlich: Hier ist die Bundesregierung dem Parlament mit dem, was sie ausgehandelt hat, in den Rücken gefallen.

Wenn ich das betrachte, was in Brüssel in der Sache und mit welcher Philosophie verhandelt worden ist und was in der Debatte hier in den letzten Wochen gesagt worden ist, in der es um das Verhältnis von ökonomischer und ökologischer Entwicklung und die Bedeutung von Umwelt- und Klimaschutz für die Politik einer Regierung ging, komme ich zu dem Ergebnis, dass wir leider wieder da sind, wo wir schon in den 90er-Jahren waren. Der Trend, der hier in der Argumentation aufgebaut wird, ist genau der gleiche, den wir mit der rot-grünen Bundesregierung glücklicherweise erfolgreich bekämpft haben. Wir haben deutlich gemacht: Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung sind keine Gegensätze. Eine vernünftige nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung braucht gerade in der Energiepolitik vernünftige ökologische Rahmenbedingungen.

Sie bauen durch das, was in Brüssel gerade unter Mitwirkung der deutschen Bundesregierung massiv vorangetrieben worden ist, eine Rückwärtsentwicklung in der Umwelt- und Klimapolitik, in der Automobilindustrie und in der Energiepolitik auf. Denn wenn wir nach vorne kommen wollen, brauchen wir vernünftige ökologische Rahmenbedingungen. Das, was Sie machen, ist genau das Gegenteil dessen. Sie wollen dafür sorgen, dass die deutsche Zementindustrie zukünftig nicht mit Zement aus Russland unsere Autobahnen beschicken soll. So ein Quatsch.

Was Sie sich dort als ökologische Rahmenbedingungen zusammengebastelt haben, macht uns leider nicht wettbewerbsfähig. Ökologie hat dafür gesorgt, dass wir in Deutschland als Modell für Europa und für die Welt Hunderttausende von Arbeitsplätzen in nachhaltiger Energiewirtschaft geschaffen haben. Umweltpolitik beinhaltet eine technologische Entwicklung; hier sind wir als Exportnation Weltmeister. Sie bauen hier wieder Gegensätze auf und behaupten, dass die wirtschaftliche Entwicklung durch Umweltschutz und durch anspruchsvolle Klimapolitik reduziert wird. Das ist auch im Interesse des Arbeitsplatzstandortes Deutschland der völlig falsche Weg.

Ich würde es jetzt gern dabei belassen, weil ich noch ein bisschen zu den anderen Ergebnissen des Gipfels sagen möchte.

Ich glaube, Folgendes bei der Klimapolitik ist richtig - da unterstütze ich den Außenminister, dem ich dies noch einmal sagen will ‑: Es ist keine Technologiepolitik, wenn man versucht, Kohlekraftwerke zu subventionieren, die einen Wirkungsgrad von maximal 44 Prozent haben, und dann sagt, das sei fortschrittliche Technologiepolitik, die man mit Klimazertifikatehandel noch unterstützen will. So ein Unfug. Wir müssen in eine andere Richtung gehen.

Herr Außenminister, das, was Sie zur Handlungsfähigkeit der Europäischen Union gesagt haben, ist wichtig und richtig. Da haben Sie unsere volle Unterstützung. Gerade in Irland über ein neues Referendum auf den Weg zu kommen und unter der tschechischen Präsidentschaft bei dem Vertrag, den wir alle wollen ‑ Sie und die Bundesregierung haben sich dafür eingesetzt; Sie haben da unsere Unterstützung ‑, einige Schritte voranzukommen, halte ich für sehr wichtig. Ich glaube, dass die tschechische Präsidentschaft, vor der wir jetzt stehen, unsere ganze Unterstützung braucht. Denn dieses mitteleuropäische Land ‑ es ist das zweite mitteleuropäische Land nach Slowenien, das diese Präsidentschaft neu übernimmt ‑ kann all die Fragen, die neben der Klima- und Umweltpolitik anstehen, also Sicherheit, Verhandlungen mit Russland, Partnerschafts- und Kooperationsabkommen und Schwerpunkt Israel, den sich die tschechische Präsidentschaft vorgenommen hat, nicht allein bewältigen. An all diesen Stellen, glaube ich, kommen wir gut nach vorne, wenn die Bundesregierung und das Parlament diese Ratspräsidentschaft unterstützen. Denn sie steht vor wichtigen Aufgaben.

Das Wichtigste ist, dass wir vorbereiten, dass der Vertrag von Lissabon, der uns eine handlungsfähige und demokratische Europäische Union beschert, durchgesetzt wird. Deshalb, glaube ich, sollten wir für die Zukunft, für das nächste Jahr darauf unseren Schwerpunkt legen.

Vielen Dank.

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