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Bundeskabinett winkt das Jahrhundert-Irrsinns-Projekt Fehmarnbelt trotz massiver ökologischer und ökonomischer Bedenken durch

PE 12.12.2008

Zum Kabinettsbeschluss der Bundesregierung über einen Gesetz-Entwurf zum Bau einer festen Querung über den Fehmarnbelt, erklären Rainder Steenblock, europapolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag und Michael Cramer, Sprecher der Grünen im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments im Rahmen einer heute in Berlin stattgefundenen Pressekonferenz:

Selbst Bundesumweltminister Sigmar Gabriel nannte sie eine „bekloppte Idee“. Die Kritik am Megaprojekt einer festen Fehmarnbeltquerung verstummt auch nach der Unterzeichnung des Staatsvertrags zwischen Deutschland und Dänemark nicht. Zu Recht: Die ökologischen Bedenken bezüglich des „Jahrhunderprojektes“ bleiben massiv. Waren auch die ökonomischen Bedenken bereits vor der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise unüberschaubar, so sind sie im Zuge der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise gänzlich aus dem Ruder gelaufen.

Sämtliche Kalkulationen zum Bau der Querung beruhen auf völlig veralteten Daten. Auf einer aktualisierten Datenlage beruhende Rentabilitätsberechnungen fehlten bislang gänzlich. Die Bundesregierung sah sie schlicht für unnötig an. Eine Neubewertung des Bauvorhabens wäre jedoch dringend erforderlich. Von Umweltverbänden in Auftrag gegeben Studien sprechen eine deutliche Sprache: Statt der bei den Planungen der Querung veranschlagten 9000 Fahrzeuge, queren derzeit nicht einmal die Hälfte den Belt. Zudem sind die bestehenden Fährverbindungen zu nicht einmal 40 Prozent ausgelastet. Kürzlich kündigte ein norwegisches Konsortium an, eine zusätzliche Fährlinie installieren zu wollen. Hiefür soll eigens ein neuer Fährhafen gebaut werden. Die Kosten einer Überfahrt sollen nach Betreiberangaben künftig die Hälfte des jetzigen Fährpreises, der in etwa die Höhe der bisher veranschlagten Maut für die feste Querung über den Fehmarnbelt betragen, liegen.

Auch das immer wieder von der Bundesregierung vorgebrachte Argument, die Risiken des Projekts lägen alleine auf dänischer Seite, ist keines: Bisher sind bereits 840 Millionen Euro für die Hinterlandverbindung des Bauwerks veranschlagt. Doch dabei wird es bei Weitem nicht bleiben. Eine vom Haushaltsausschuss des Bundestages vorgelegte Studie kommt zu dem Schluss, dass es bei Großprojekten wie der Fehmarnbeltquerung zu Kostensteigerungen von „bis zu 100 Prozent“ gekommen sei. Zudem ist die Finanzierung der Hinterlandanbindungen auf schleswig-holsteinischer Seite nach wie vor völlig offen. Es steht zu befürchten, dass dringend notwenige Investitionen in nachhaltige Verkehrsprojekte zu Lasten des „Prestigeprojekts Fehmarnbelt“ geopfert werden.

Weitere Gründe sprechen klar gegen den Bau: Tausende von Arbeitsplätzen in Fährbetrieben und Tourismuswirtschaft der Region sind gefährdet. Für die Bürgerinnen und Bürger der Inseln Fehmarn, die in den nächsten zehn Jahren in unmittelbarer Nachbarschaft der größten Baustelle Nordeuropas wohnen würden, wäre die Brücke ein Desaster.

Trotz stark veränderter ökonomischer Rahmenbedingungen  und der Tatsache, dass bisher noch nicht feststeht, in welcher Form eine feste Querung über den Fehmarnbelt realisiert werden wird (Tunnel oder Brücke), hat die Bundeskabinett am vergangenen Mittwoch das Projekt ohne Aussprache durchgewunken. Der Bundesrechnungshof erhebt gegenüber der Bundesregierung schwere Vorwürfe: Weder stünden zum heutigen Zeitpunkt die genauen Kosten des Projektes fest, noch wäre klar, wer sich überhaupt alles an dem Projekt beteilige, noch sei eine Finanzierung des Bauwerks durch die Europäische Union so sicher, wie uns bisher vorgemacht wurde. Auch die ökologischen Auswirkungen des Projektes sind in keinster Weise bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn nach Willen der Bundesregierung lange über das Bauwerk im Bundestag und Bundesrat abgestimmt worden ist, vorgesehen.

Insgesamt ist das Vorgehen der Bundesregierung in Zeiten der Finanzkrise, in denen besonders sorgsam mit Steuergeldern umgegangen werden sollte, anstatt in hochriskante Projekte ohne Nachhaltigkeitsfaktor zu investieren, äußerst bedenklich. Wir werden sowohl im Bundestag als auch im Europäischen Parlament auch weiterhin alles daran setzen, das Jahrhundert-Irrsinns-Projekt Fehmarnbelt zu verhindern.

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