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PE 08.11.2006 Erweiterung muss weiter gehen

Zu den heute vorgelegten EU-Fortschrittsberichten zur Türkei, Kroatien, den westlichen Balkanländern und zum EU-Kommissions-Strategiepapier zur EU-Erweiterung erklärt Rainder Steenblock, europapolitischer Sprecher:

 

Wir begrüßen das grundsätzliche "Ja" zur Erweiterung als Herzstück der europäischen Integration. Auch, dass sich der Erweiterungsprozess zunächst auf Konsolidierung konzentriert und dass bevor neue Gespräche mit potentiellen Beitrittskandidaten begonnen werden, gemachte Zusagen eingehalten werden müssen. Dies darf aber nicht in der populistischen Debatte um die "Aufnahmefähigkeit" instrumentalisiert werden. Diese Bezeichnung für die notwendigen Reformen der EU, die nicht nur weiteren Erweiterungen voraus gehen müssen, sondern wir vor allem für das eigene gegenwärtige Funktionieren der EU brauchen, ist irreführend und sollte endlich fallen gelassen werden. Stattdessen muss die "Integrationsfähigkeit" auf allen Seiten gestärkt werden.

 

Trotz vieler bemerkenswerter Fortschritte der einzelnen Länder zeigt das heute von der EU-Kommission vorgelegte Erweiterungspaket ganz deutlich, dass sich die jeweiligen Anwärter weiter anstrengen müssen.

 

Kroatien muss an der erfolgreichen Implementierung des Stabilitäts- und Assoziierungs- Abkommen (SAA) kontinuierlich weiterarbeiten und die Erfolge auf die Beitrittsverhandlungen übertragen. Die Verhandlungen mit der Türkei müssen in Ruhe und an der Sache orientiert weitergeführt werden. In Mazedonien muss die etwas nachgelassene Reformdynamik wieder angezogen werden. Albanien, das erheblich zur Stabilität der Region beigetragen hat, gehört selbst zu den ärmsten Ländern Europas. Es muss in der Implementierung des dieses Jahr unterzeichneten SAA kräftiger unterstützt werden. Serbien muss klar gesagt werden, dass es ohne einen angemessenen Umgang mit seiner Rolle in den Kriegen um das zerfallende Jugoslawien keine weitere Annäherung an die EU geben kann. Als einen Ausdruck der historischen Aufarbeitung betrachten wir die notwendige Auslieferung von General Ratko Mladic an das internationale Tribunal in Den Haag. Montenegro muss nach seiner Unabhängigkeitserklärung bei der Staatsbildung weitergebracht und zügig an das eigene SAA herangeführt werden, das bisher an die Verhandlungen mit Serbien-Montenegro gekoppelt war. Die Klärung des zukünftigen Status des Kosovo muss baldmöglichst herbeigeführt werden. Die EU muss ein umfassenderes außen- und sicherheitspolitisches Engagement im Kosovo leisten und die große Verantwortung für die Heranführung des Kosovo an die Standards der EU übernehmen. In Bosnien-Herzegowina ist auch die Überwindung der nationalistisch motivierten Entitäten und eine entsprechende Verfassungsreform Bedingung für die Annäherung des Landes an die EU.

 

Die EU muss weiterhin über positive Begleitmaßnahmen zur Unterstützung der jeweiligen demokratisch gesinnten politischen Kräfte in den Ländern nachdenken und vor allem regionale Kooperation als Vorraussetzung der europäischen Integration fördern.