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Rosenkrieg der Großkoalitionäre

Rosenkrieg der Großkoalitionäre

Lieber Leserinnen, liebe Leser,

am Beispiel der Großen Koalition in Schleswig-Holstein lässt sich anschaulich beobachten, was passiert, wenn von der Vernunftehe nur noch ein Rosenkrieg übrig bleibt. Dass die SPD auf Druck der CDU ihren Spitzenkandidaten aus der gemeinsamen Regierung zurück gezogen hat, zeigt nicht nur den desolaten Zustand der Nord-Genossen sondern auch die totale Handlungsunfähigkeit dieser Koalition. Und auch nach der Entlassung von Stegner steckt die Große Koalition in einer Dauerkrise.

Problem Nummer eins: Der Abgang Stegners war gar keiner. Kaum hatte er als Innenminister den Rückzug angetreten, marschierte er als Fraktionschef wieder auf. Nun soll er Lothar Hay als Fraktionschef beerben, der ins Innenressort wechseln soll. Mit dem Rollentausch von Stegner und Hay ist die Krise jedoch nicht beendet, nur der Schauplatz wird vom Kabinett in den Landtag verlagert. Es ist nicht zu erwarten, dass Stegner diese Bühne ungenutzt lassen wird. Als Fraktionschef der Sozialdemokraten wird er die eigene Profilierung gegen den Ministerpräsidenten weiter führen.

Problem Nummer zwei: Die Große Koalition hat kein gemeinsames inhaltliches Projekt mehr in Vorbereitung, der Regierung gehen die Themen aus. Der Kitt, der die Steitkoalition von SPD und CDU zu einer Vernunftehe machen könnte, wäre ein gemeinsames Projekt in vertrauensvoller Zusammenarbeit. Doch beides, das gemeinsame Projekt und vor allem das gegenseitige Vertrauen, fehlte von Anfang an.

Problem Nummer drei: Stegner hat sich zum Landesvorsitzenden der SPD wählen lassen und will mit einem Doppelhut als Fraktionsvorsitzender und Landeschef in den Wahlkampf um das Amt des Ministerpräsidenten ziehen. Doch nicht nur in der Sozialdemokratie auch bei den Wählerinnen und Wählern schwindet sein Rückhalt. Aktuellen Umfragen zu Folge wollen zwei Drittel der Schleswig-Hosteiner einen anderen Spitzenkandidaten. Das macht die SPD zu einem unberechenbaren Koalitionspartner.

Der nächste Knall wird nicht lang auf sich warten lassen. Auch wenn die Anträge auf Neuwahlen im Kieler Landtag scheitern werden, wird die Große Koalition wohl selbst für ihre Auflösung sorgen. Bis nach den Kommunalwahlen im kommenden Mai könnten sich die Streithähne noch zusammenreißen. Es wäre für Schleswig-Holstein aber eine Katastrophe, wenn diese Streithähne bis zu den für 2010 geplanten Neuwahlen weiter agieren würden.

Die Wähler in Schleswig-Holstein attestieren der Regierung in Kiel eine magere Bilanz: zur Halbzeit geben sie ihrer Regierung die Schulnote 3,5, das ist eine schlappe vier plus. Mehr kann eine Große Koalition nicht erwarten, die angekündigte Großprojekte wie die Verwaltungsstrukturreform und die damit verbundene Kreisgebietsreform auf die lange Bank schiebt.

Mit ihren schlechten Noten liegt sie übrigens gleichauf mit der Großen Koalition im Bund. Auch wenn das Management in Berlin professioneller ist als in Kiel und auch wenn die Kanzlerin in aller Welt eine gute Figur macht, die Leistungen der Großen Koalition in Berlin sind nicht viel besser. Bis auf eine große Steuererhöhung zu Beginn der Legislaturperiode hat es auch in Berlin viel Streit und wenig Entscheidungen gegeben. Ob Mindestlohn oder Computerüberwachung, ob Erbschaftssteuer oder der Abschuss von zivilen Flugzeugen, Uneinigkeit bei allen Vorhaben.

Die Halbzeitbilanzen der Großen Koalitionen in Kiel und Berlin sind mehr als ernüchternd: Keine Zukunftskonzepte, keine Themen, kein Vertrauen – keine guten Aussichten für Zweckbündnisse auf Zeit. Weder in Kiel, noch in Berlin.

Herzliche Grüße

Ihr Rainder Steenblock

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