Menü

Milliardengrab Fehmarnbeltbrücke

14.06.2008 Abgeordnetenwort Uetersener Nachrichten

Liebe Leserinnen und Leser,

echte Erfolgsgeschichten sehen anders aus. Und hinken selten dem offiziell verkündeten Zeitplan hinterher. Ein Jahr nach Ankündigung des Staatsvertrags zwischen Deutschland und Dänemark über Bau und Betrieb der Fehmarnbeltbrücke kommt das Projekt nicht voran, gibt es nicht mal ein Zwischenergebnis. Die Bundesregierung bemüht seit Monaten die alte Leier von den noch laufenden Verhandlungen, prüft, wartet ab. Offensichtliche Widersprüche innerhalb der Bundesregierung werden mühsam glatt gebügelt. Selbst die Unterstützung der Bundeskanzlerin wirkt halbherzig und lustlos. Das zeigt, wie dürftig die Argumente für das Megaprojekt und wie dünn die Luft für die Brückenbefürworter inzwischen ist.

Sigmar Gabriel (SPD) hat völlig Recht, wenn er die geplante Brücke über den Fehmarnbelt im Kommunalwahlkampf eine „bekloppte Idee“ nannte. Nur sollte der Bundesumweltminister mit seiner klugen Erkenntnis nicht bloß vor Ort Stimmung machen, sondern auch in Berlin entsprechend handeln und bei seinen Kabinettskollegen Überzeugungsarbeit leisten anstatt sich hinter der Kanzlerin zu verstecken. Wer die Menschen für dumm verkauft, darf sich über zunehmende Politikverdrossenheit in der Bevölkerung nicht wundern. Das Vertrauen in die Institutionen und Prozesse der Politik wird durch ein solch unglaubwürdiges Verhalten, wie es Herr Gabriel an den Tag legt, sicher nicht gestärkt.

Nicht nur in der Bundesregierung selbst gibt es Gegenwind. Auch in Kiel wächst die Kritik. Die explodierenden Kosten waren dort jüngst Zankapfel einer Aktuellen Stunde im Landtag. Nicht erst seit der Nabu vorgerechnet hat, dass der Brückenbau plus Zulaufstrecken mit gut neun Milliarden Euro mehr als doppelt so teuer werden könnte als veranschlagt, mag an die bisherige Kalkulation keiner mehr so recht glauben. Allein die Explosion der Stahlpreise macht eine neue Wirtschaftlichkeitsrechung dringend erforderlich. Die Diskussion, ob so ein Megaprojekt angesichts knapper öffentlicher Kassen und trotz hoher Verschuldung des Landes zu den notwendigen Zukunftsaufgaben gehört, bleibt bei CDU und SPD auf der Strecke. Ohne Not und gesetzliche Verpflichtung spendiert die Kieler Koalition 60 Millionen Euro, für die neue Schulden gemacht werden müssen, und das, obwohl die Schuldenkurve auch 2007 weiterhin nach oben ging und die Landesregierung nicht müde wird, radikale Sparmaßnahmen zu fordern. So verbaut Verkehrsminister Dietrich Austermann (CDU) die Zukunft Schleswig-Holsteins mit einer Brücke, für die täglich zwischen 6.000 und 9.000 Autos prognostiziert werden.

Seit über 10 Jahren bindet das unnütze Brückenprojekt Zeit und blockiert Gelder, die für andere Verkehrsvorhaben fehlen. Kommt die Brücke, verschlingt sie alle Mittel, die Schleswig-Holstein vom Bund erhält. Es geht um über eine Milliarde Euro für die Hinterlandanbindungen auf deutscher Seite. Das geht nur zu Lasten anderer Projekte wie der Kieler StadtRegionalBahn oder des Ausbaus wichtiger Bahntrassen nach Hamburg, die sich das Land dann abschminken kann.

Kosten und Nutzen der Brücke stehen in keinem vertretbaren Verhältnis zu den Folgen für Natur und Umwelt. Wenn die Bundesregierung zu Recht weltweit verstärkte Anstrengungen für den Natur- und Artenschutz einfordert, dann muss sie auch als Vorbild vorangehen, anstatt den Schutz der biologischen Vielfalt in deutschen Meeresgebieten weiter zu verschlechtern. Die Fehmarnbeltbrücke ist das Musterbeispiel einer verfehlten Verkehrspolitik, die den Lebensraum Ostsee gefährdet und die Ziele des Klima- und Meeresschutzes torpediert. Es ist höchste Zeit, den Kurs auf die Beltquerung zu verlassen und den Weg für Investitionen in ökologisch sinnvolle Verkehrsprojekte frei zu machen.

Herzliche Grüße

Ihr Rainder Steenblock

zurück