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Zwei Jahre Europa-Vereinbarung – Bundesregierung muss ihre Verpflichtungen unverzüglich vollständig erfüllen

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Als vor zwei Jahren diese Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und dem Parlament verabschiedet wurde, haben wir hier im Deutschen Bundestag völlig zu Recht Reden gehalten, die dies als historischen Moment der Kooperation zwischen Parlamentariern aller Fraktionen gewürdigt haben und auch als ein Dokument des Selbstbewusstseins des Parlamentes gegenüber der Exekutive. Wir wissen genau – egal ob wir in Regierungsfraktionen oder Oppositionsfraktionen sind –, wie schwer es ist, sich als Parlament gegenüber der Exekutive zu behaupten und durchzusetzen. Diese Zusammenarbeitserklärung ist ein ganz wichtiger Meilenstein auf diesem Wege gewesen.

Wir sind ein ganzes Stück vorangekommen. Auch das machen wir in unserem Antrag heute deutlich. Wir haben seit dieser Vereinbarung durchaus Leben in die europapolitischen Voraussetzungen gebracht. Wir haben mehr Dynamik erzeugt. Die Bundesregierung hat den Deutschen Bundestag und die Abgeordneten – das will ich gerne zugestehen – aufgrund dieser Vereinbarung sehr viel besser informiert als in der Zeit davor. Das hat sich in der Arbeit des Bundestages positiv bemerkbar gemacht. Wir haben den Beschluss durchgesetzt, dass wir einen Parlamentsvorbehalt bei europarechtlichen Fragen einlegen können. Das ist ein ganz wichtiger, entscheidender Fortschritt für die Rechte des Parlamentes.

Wir haben unsere eigenen Strukturen durch das Büro in Brüssel und durch die Schaffung von neuen Strukturen in der Bundestagsverwaltung hier gestärkt. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von PA 1, also dieser neuen Struktur in der Bundestagsverwaltung, und im Büro in Brüssel zu bedanken. Durch das Engagement dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist die Arbeit des Deutschen Bundestages europatauglicher geworden. Das ist ein großer Fortschritt.

Aber es gibt natürlich auch eine Reihe von Kritikpunkten. Als wir vor einem Jahr diese Debatte geführt haben, ist uns von den Regierungsfraktionen gesagt worden, dass eigentlich alles auf einem guten Weg ist und dass das, was die Grünen und die Liberalen kritisieren, schon in den nächsten Tagen geregelt sein wird. Das ist leider nicht so. Was die noch offenen Fragen betrifft, haben wir in den letzten zwei Jahren, insbesondere im letzten Jahr, nur geringe Fortschritte gemacht. Wir erhalten immer noch keine Berichte aus den Arbeitsgruppen des Rates. Somit steht uns ein wichtiges Element der Information nicht zur Verfügung. Der Parlamentsvorbehalt ist das schärfste Schwert des Parlaments, das wir in diesen Auseinandersetzungen haben. Auch in der Debatte über den Emissionshandel hat sich das Parlament stark gemacht. Die Bundesregierung hat die Vorschläge des Parlaments aber leider nicht so wie vom Parlament gewünscht berücksichtigt.

Außerdem erhalten wir vom Auswärtigen Amt leider immer noch keine ausreichenden Unterlagen über die Europäische Außen- und Sicherheitspolitik; auch darauf muss man hinweisen. Das sind Defizite, die behoben werden müssen. Vor zwei Tagen haben wir vom Außenministerium zum ersten Mal eine Übersicht über die anstehenden Rechtsakte bekommen, und das, nachdem wir zwei Jahre lang versucht haben, an diese Unterlagen zu kommen. Ich konzediere gerne, dass das ein Schritt nach vorn ist. Von den 20 Rechtsakten, die uns zugeleitet wurden, waren 18 allerdings schon abgeschlossen.

Das ist nicht die Frühzeitigkeit der Information, die wir in der Zusammenarbeitserklärung vereinbart haben.

Lieber Herr Staatsminister Gloser, wenn die nächste Übersicht über anstehende Rechtsakte vorliegt, wäre es gut, wenn wir sie in Anbetracht des Vorlaufs der Entscheidung innerhalb von drei Wochen bekommen könnten. Der Deutsche Bundestag hat nämlich das Selbstbewusstsein, mitentscheiden zu wollen. Er will nicht nur nachträglich informiert werden.

Ich glaube, wir Parlamentarier sind gemeinsam der Ansicht, dass wir an diesen Stellen nachbessern müssen.

Ausgesprochen positiv in all diesen Debatten war, dass wir Parlamentarier über die Fraktionsgrenzen hinweg immer auf unsere Rechte bestanden und für unsere Rechte gekämpft haben. Ich hoffe, dass unser Antrag eine Grundlage und ein Anstoß ist, um die noch offenen Fragen zu beantworten. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Einvernehmensregelung. Es ist wichtig, dass auch wir, die Oppositionsfraktionen, in die Lage versetzt werden, die Einhaltung der Einvernehmensregelung zu kontrollieren. Ich würde mich sehr freuen, wenn es uns gelingen würde, in diesen Fragen Einvernehmen zwischen den Fraktionen herzustellen und im Rahmen des Arbeitsprozesses, der jetzt anfängt, zu gemeinsamen Positionen zu kommen und die Rechte des Parlaments weiter auszubauen und zu stärken.

Vielen Dank.

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