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Ostseestrategie

Frau Präsidentin / Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die europäischen Meere, allen voran die Ostsee, waren von enormer Bedeutung für den wirtschaftlichen Wohlstand der Länder des europäischen Kontinents und sind dies noch heute. Doch unsere Meere sind mehr: Sie sind Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Klimaregulierer, Nahrungsquelle und Erholungsgebiete. Als Handels- und Transportwege verbinden sie Menschen über natio­nalstaatliche Grenzen hinweg.

Von sieben Anrainerstaaten der Ostsee waren bis zum Mauerfall nur Dänemark und die Bundesrepublik Mitglieder der Europäischen Union. Heute, 20 Jahre später, ist die Ostsee zum Binnenmeer der EU geworden. Acht der neun Ostseeanrainer sind EU-Mitglieder. Um dieser geschichtlichen Entwicklung Rechnung zu tragen und zugleich das zukünftige Wachstum der Ostseeregion sicherstellen zu können, ist es nun an der Zeit, die Zusammenarbeit innerhalb der Ostseeregion auf neue Füße zu stellen. Die gemeinsame Strategie für den Ostseeraum ist das passende Instrument hierfür. Mit ihr haben wir die Chance, eine neue Phase der Zusammenarbeit in der Region einzuläuten. Meine Fraktion und ich begrüßen die Ostseestrategie der EU daher ausdrücklich. Sie war lange überfällig.

Im Dezember 2007 haben die Mitgliedstaaten die EU-Kommission aufgefordert, eine „EU-Strategie für den Ostseeraum“ vorzulegen. Der nun eingeleitete Anhörungsprozess wird aller Voraussicht nach im Juni 2009 in einem Vorschlag der EU-Kommission münden. Die schwedische Regierung hat angekündigt, dass sie die regionale Kooperation im Ostseeraum während ihrer Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2009 weiter voranbringen will. Hiermit eröffnet sich die Chance, den Ostseeraum als Modellregion und Vorbild für weitere regionale Kooperationen, zum Beispiel im Schwarzmeerraum und im Kaspischen Raum, zu etablieren.

Eine verstärkte Zusammenarbeit in der Ostseeregion ist von immenser Bedeutung für die gesamte Region. Durch eine exzessive Nutzung unserer Meere laufen wir heute Gefahr, den erst durch sie ermöglichten Standard einer hohen Lebensqualität zu gefährden. Daher müssen wir unsere Anstrengungen zum Erhalt und Schutz unserer Meere dringend intensivieren. Dies gilt in besonderem Maße für die Ostsee. Ihr sensibles Ökosystem ist heute durch wachsende Schiffsverkehre, unsichere Öltanker, Überfischung und Überdüngung, durch Munitionsaltlasten und vieles mehr gefährdet. Intensivieren wir unsere Bemühungen zum Schutz und Erhalt der Ostsee nicht, laufen wir Gefahr, dass das europäische Binnenmeer bald einer Umweltkatastrophe zum Opfer fällt. Hierdurch wäre die Entwicklung des gesamten Ostseeraums gefährdet. Dies zu verhindern muss nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Ostsee für Deutschland von enormer wirtschaftlicher Bedeutung ist, unser Ziel sein.

Die Chance, dem Schutz und Erhalt der Ostsee eine zentrale Rolle bei der Ausgestaltung der Ostseestrategie einzuräumen, dürfen wir nicht ungenutzt verstreichen lassen. Hierfür haben wir keine Zeit mehr. Den vor uns liegenden Herausforderungen müssen wir uns durch die Formulierung gemeinsamer Antworten zusammen mit allen Anrainern stellen. Daher begrüßen wir, dass die Ostseestrategie explizit Russland einschließen wird.

Dies heißt jedoch nicht, dass nicht jeder Mitgliedstaat vor seiner eigenen Haustür damit anfangen muss, dem Schutz und Erhalt unserer Meere die Bedeutung zukommen zu lassen, die den Herausforderungen angemessen ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition, wenn Sie in Ihrem Antrag richtigerweise auf die Entschließung der im Jahr 2007 in Berlin stattgefundenen Ostseeparlamentarierkonferenz, die Ostsee zum saubersten und sichersten Meer Europas zu machen, verweisen und das Ziel ausgeben, Ökologie und Ökonomie im Gleichgewicht halten zu wollen, dann müssen Sie damit aufhören, lediglich auf die Verantwortung der europäischen und internationalen Ebene für die Ostseeregion zu verweisen. Fangen Sie endlich selbst damit an, ihren Teil zum Erhalt des Ökosystems der Ostsee beizutragen! Verschließen Sie nicht weiter die Augen vor dem drängenden Problem der Munitionsaltlasten in unseren Meeren, und legen Sie endlich Förderprogramme für alternative Schiffsantriebe und eine emissionsarme Schifffahrt auf! Statten Sie die deutschen Ostseefährhäfen mit Landstromversorgung aus, und tragen Sie hierdurch zu einem besseren Klima in unseren Städten bei! Engagieren Sie sich auf europäischer Ebene für die Durchsetzung von Fangquoten, die den Fischbeständen erlauben, sich zu erholen! Richten Sie neue Meeresschutzgebiete ein, anstatt vor Jahren eingerichtete Schutzgebiete zu bebauen! Schaffen Sie endlich eine nationale Küstenwache! Und tragen Sie nicht auch noch durch einen ökonomisch unsinnigen und ökologisch höchst risikoreichen Bau einer festen Querung über den Fehmarnbelt dazu bei, dass das Ökosystem der Ostsee durch einen zusätzlich reduzierten Wasseraustausch noch stärker belastet wird!



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