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Mutmaßliche geheime Haft und unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen zwischen Staaten unter Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates

Rede zum Bericht: "Mutmaßliche geheime Haft und unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen zwischen Staaten unter Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates"

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Dick Marty,

zunächst möchte ich dem Berichterstatter Dick Marty für den sehr wichtigen Bericht: "Mutmaßliche geheime Haft und unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen zwischen Staaten unter Beteiligung von Mitgliedstaaten des Europarates" danken. Mit diesem Bericht untersucht Dick Marty ungeheuerliche Vorwürfe gegen eine Reihe von Mitgliedstaaten des Europarates: Durch Duldung oder aktive Hilfe Verdächtige als Gefangene in Länder gebracht zu haben, in denen gefoltert wird. Gerade angesichts der widrigen Untersuchungsbedingungen muss unser aller Dank an Dick Marty gehen, der mit seinem Bericht dazu beitragen möchte, die beschädigte Glaubwürdigkeit europäischer Staaten in Menschenrechtsfragen wiederherzustellen.

 

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

niemand ist vor Terror gefeit. Dies haben uns die Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York und vom 11. März 2004 in Madrid schmerzhaft bewusst gemacht. Diese Anschläge haben uns auch bewusst gemacht, dass Terrorismus nicht vor Landesgrenzen Halt macht und wir ihn gemeinsam bekämpfen müssen. Aber dabei muss jederzeit die Achtung der Grundfreiheiten und Grundrechte gewährleistet sein.

 

Der Bericht von Dick Marty dagegen erhärtet den Verdacht gegen Mitgliedstaaten des Europarates, Menschenrechte verletzt und geheime Verhaftungen sowie gesetzeswidrige Auslieferungen von tatsächlichen oder angeblichen Terroristen in Europa gebilligt zu haben. Im Kampf gegen den Terror haben die Vereinigten Staaten neue rechtliche Begriffe wie "feindliche Kombattanten" und "Verschleppung" eingeführt, die im Widerspruch zu unseren grundlegenden Rechtsprinzipien stehen. Im Wege solcher "Verschleppungsprogramme" wird der Umgang mit Menschen gezielt einer gerichtlichen Kontrolle entzogen. Dabei wurden Menschen illegal inhaftiert und heimlich in Länder gebracht, in denen Folter eine gängige Methode bei Verhören ist.

 

Dick Martys Bericht zeigt, dass mehrere europäische Regierungen vor dieser Praxis die Augen und Ohren geschlossen haben und einige Staaten sogar aktiv in einzelne Verschleppungsfälle involviert waren. Durch diese stillschweigende Duldung oder die aktive Hilfe von europäischen Staaten gelangten Gefangene auch ins berüchtigte US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba.

 

Dies ist beschämend für Europa.

 

Bislang haben europäische Regierungen wiederholt geleugnet an diesem Verschleppungsprogramm der CIA beteiligt gewesen zu sein. Deshalb ist es jetzt umso wichtiger, dass wir auf verschiedenen Wegen Druck auf die nationalen Regierungen ausüben, damit diese endlich die Untersuchungen aktiv unterstützen und ihrer Ermittlungspflicht gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention nachkommen. Denn Mitgliedstaaten des Europarates sind verpflichtet, jedem Verdacht auf Menschenrechtsverletzungen nachzugehen. Die nationalen Parlamente müssen alle notwendigen Informationen erhalten, um die Vorwürfe restlos aufzuklären. In Europa muss wieder unmissverständlich gelten, dass Menschenrechte uneingeschränkt geachtet werden müssen. Denn wenn wir Europäer und Europäerinnen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weltweit fördern wollen, müssen wir bei uns zu Hause damit anfangen.

 

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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