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Globalisierungsanpassungsfonds

Rede deutscher Bundestag

Herr/Frau Präsident/in, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Globalisierung ist weder Schicksal noch Naturgesetz, sondern ein Prozess, der politisch gestaltet werden muss. Mit ihr stehen wir vor zentralen Herausforderungen: Armutsbekämpfung und Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmärkten, ökologische Nachhaltigkeit und globale Sicherheit. Wir wollen die Globalisierung mit Hilfe reformierter Institutionen, wirksamer Konfliktschlichtungsmechanismen und klarer Regeln positiv gestalten. Der Fonds zur Anpassung an die Globalisierung ist jedoch kein geeignetes Instrument hierzu. Doppelt er doch genau die Maßnahmen, die auf nationaler Ebene und mit den bisherigen Europäischen Strukturfonds bereits durchgeführt werden.

Beschlossen wurde er bei Frau Merkels großem Antrittsauftritt beim Europäischen Rat am 15./16. Dezember 2005. Mit ihm sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die wegen größerer Strukturveränderungen im Welthandelsgefüge arbeitslos geworden sind unterstützt werden. Somit sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die als Folge der Globalisierung von Entlassungen bedroht sind zusätzliche Unterstützung erhalten. Nicht aber diejenigen, die aus anderen nicht von ihnen zu verantwortenden Gründen ihren Arbeitsplatz verloren haben. Diese künstliche Unterscheidung ist zutiefst ungerecht. Fraglich ist auch, wie nachgewiesen werden soll, dass ein Arbeitsplatzverlust eindeutig auf die Auswirkungen der Globalisierung zurückzuführen ist?

Das Ziel dieses Fonds ist also begrüßenswert. Die Ausgestaltung jedoch mangelhaft und ungerecht.

Ebenso spricht gegen diesen neuen Fonds, dass wir mit den Europäischen Strukturfonds bereits äußerst erfolgreiche Strukturen haben, die Maßnahmen für Arbeitslose initiieren und finanzieren. Gerade der Europäische Sozialfonds unterstützt z.B. die Qualifikation und Beschäftigung von Arbeitslosen, berufsvorbereitende Maßnahmen für Jugendliche, die berufliche Weiterbildung von Erwerbstätigen, die soziale Integration von Benachteiligten oder die Chancengleichheit von Frauen und Männern. Er geht also weit über das hinaus, was der Globalisierungsfonds erreichen soll, soll aber künftig mit diesem in Konkurrenz stehen.

Diese mangelnde Logik sehen wir auch in der unsicheren und unklaren Positionierung der Großen Koalition. In ihrem im EU-Ausschuss vorgelegten Antrag zum Globalisierungsfonds zeigt sie deutlich, dass sie große Bedenken gegenüber diesem Fonds hegt, stimmt mit Bündnis 90/Die Grünen darin überein, dass der Mehrwert dieses Fonds mehr als fraglich ist und lehnt wie auch wir eine künstliche und intransparente Ungleichbehandlung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab, um sich aber dann bereits vor der morgigen Abstimmung geschlagen zu geben, da eine Ablehnung ja wirkungslos wäre. Im Antrag heißt das dann so: „Da die Entscheidung über den EGF (also Europäischer Globalisierungsfonds) mit qualifizierter Mehrheit im Rat getroffen wird und die erforderliche Mehrheit als gesichert gilt, wäre eine Ablehnung des EGF durch die Bundesregierung wirkungslos“. Aufgeben schon vor der Abstimmung? Und das obwohl Deutschland nach dem üblichen EU-Finanzschlüssel an der Finanzierung dieses Fonds mit 20 Prozent beteiligt ist, was jährlich 100 Millionen Euro ausmacht? Wie passt das zusammen mit dem eisernen Sparwillen, der während der Verhandlungen um die Ausgestaltung des nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmens exerziert wurde? Dies mündete darin, dass bevor überhaupt über inhaltliche Prioritäten der politischen Arbeit der Europäischen Union für die kommenden Jahre verhandelt wurde, erstmal eine Grenze von einem Prozent der EU-Wirtschaftskraft als maximale Obergrenze für diesen Finanzrahmen sowohl von CDU/CSU als auch von der SPD gefordert wurde. Wie passt das zusammen mit der Ablehnung des Fonds im Haushaltsausschuss und im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie? Gar nicht! Es ist einfach Ausdruck einer in sich zerstrittenen Großen Koalition.
Vielen Dank.

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