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Statt fester Fehmarnbelt-Querung – für ein ökologisch und finanziell nachhaltiges Verkehrskonzept

Antrag Kein Bau eine festen Fehmarnbelt-Querung – Fährkonzept verbessern (Die Linke)

Antrag Statt fester Fehmarnbelt-Querung – für ein ökologisch und finanziell nachhaltiges Verkehrskonzept (Bündnis90/Die Grünen)

Rede deutscher Bundestag

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen,

sehr verehrte Damen und Herren!

Die Pläne zum Bau einer festen Verbindung über den Fehmarnbelt sind ein ökologisches Abenteuer, finanziell unvertretbar und kosten Arbeitsplätze. Zudem würde die feste Fehmarnbelt-Querung das Aus für die Fährlinie Scandlines bedeuten, die Puttgarden und Rodby verbindet. Eine zukunftsfähige Infrastrukturplanung sieht anders aus.

Punkt eins: Das Projekt Fehmarnbelt-Querung ist ein ökologisches Abenteuer. Naturschutzorganisationen wie der BUND warnen vor den erheblichen ökologischen Konsequenzen für den Vogelzug. Gefährdet sind auch die Bestände an Robben, Schweinswalen und Fischen. Zu befürchten sind auch die Folgen für den Wasseraustausch in der Ostsee durch gestörte Strömungsverhältnisse.

Eine feste Querung bedeutet, dass ein Teil des Gütertransports auf die Straße verlagert würde. Dabei wollte das Bundesverkehrsministerium doch den „Modal Shift“ fördern und den Güterverkehr von der Straße auf Schiff und Schiene verlagern.

Punkt zwei: Die Finanzierung ist nicht sichergestellt. Wer soll für die Gesamtkosten in Höhe von geschätzten 6,7 Milliarden Euro aufkommen? Die schleswig-holsteinische Landesregierung plant mit Geld, das gar nicht da ist. Die Bundeskanzlerin hat einen Rückzug gemacht. Die Fördergelder der Europäischen Union für die transeuropäischen Verkehrsnetze, kurz TEN, fließen spärlich. Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben die finanziellen Mittel für die vorrangigen Projekte von den veranschlagten 20 Milliarden Euro auf 6,7 Milliarden Euro gekürzt. Die Finanzierung ist außerdem an die Bedingungen Beginn der Konstruktionsphase im Jahr 2007 und Sicherstellung der Hinterlandanbindung geknüpft. Allein die Hinterlandanbindung wird um die 1,2 Milliarden Euro kosten, die nicht im Bundesverkehrswegeplan eingestellt sind. Dass sie im zweiten Investitionsrahmenplan 2011-2015 bereitgestellt werden, ist daher nicht zu erwarten.

Den Ausweg sollte eine öffentlich-private Partnerschaft weisen. Doch die potenziellen Investoren sind vom Projekt nicht überzeugt. Auf der Investorenkonferenz am 22. September kamen Zweifel auf, ob das Verkehrsaufkommen tatsächlich so hoch sein wird, dass sich die Investitionen über Maut-Einnahmen rentieren. Daran zweifelt auch die Bundesregierung: Sie lässt das zu erwartende Verkehrsaufkommen noch einmal prüfen und will die Finanzierungsmodelle neu bewerten.

Potenzielle Investoren verlangen eine staatliche Beteiligung in Form von Staatsgarantien. Die Bundesregierung würde das Risiko für Investitionen in Höhe von rund 5,5 Milliarden Euro für den Bau der Querung und zusätzliche 1,2 Milliarden Euro für die Anbindung auf deutschem Gebiet allein tragen. Staatsgarantien sind öffentliche Gelder. Wenn es der geplanten festen Fehmarnbelt-Querung so ergeht, wie den Projekten Herrentunnel Lübeck, Rostocker Warnowtunnel, Öresundquerung und Eurotunnel muss am Ende der Steuerzahler die Zeche zahlen.

Punkt drei: Das Mammutprojekt gefährdet Arbeitsplätze. Auf deutscher Seite arbeiten 600 Menschen für die Reederei Scandlines an den Standorten Rostock, Puttgarden und Mukran auf Rügen, auf dänischer Seite sind 500 Menschen direkt für Scandlines tätig. 1.100 Arbeitsplätze stehen in Frage. Derzeit leben auf der Insel Fehmarn 2.340 Menschen direkt vom Tourismus. Auch für eine der Haupteinnahmequellen der Region sind Einbußen zu erwarten.

Eine feste Fehmarnbelt-Querung wäre das Ende für die Fährverbindung. Das räumt das schleswig-holsteinische Wirtschaftsministerium in seiner Antwort auf eine Große Anfrage von Bündnis90/Die Grünen im September ein. Darin heißt es: „die völlige Einstellung des Fährverkehrs ist nicht unwahrscheinlich“. Die dänische Regierung, Anteilseigner der Scandlines, denkt offenbar darüber nach, die feste Querung mit Erlösen aus dem Verkauf der Scandlines zu finanzieren. Auch die Deutsche Bahn AG hat ihren 50%igen Anteil an der Reederei Scandlines zum Verkauf angeboten. Der britische Kapitalfonds 3i-Group-PLC und die Baltic Ferry Development Group, hinter der sich die Deutsche Seereederei in Rostock und ein Tochterunternehmen der Allianz-Versicherung verbergen, haben bereits Interesse angemeldet.

Was wir brauchen, ist ein ökologisch und ökonomisch nachhaltiges Verkehrskonzept. Wir sollten mit den knappen öffentlichen Geldern die Fährverbindung erhalten, das Fährkonzept optimieren und in zukunftsfähige Infrastrukturen investieren. Ein Baustein ist die Wasserstraßenverbindung zwischen den deutschen Seehäfen und den Ostseeanrainern. Der Nord-Ostsee-Kanal ist die entscheidende Route für Tourismus und Güterverkehr im Ostseeraum. Daher machen wir uns dafür stark, den Ausbau prioritär zu behandeln und das Planfeststellungsverfahren zügig noch im Jahr 2008 abzuschließen. Dabei sind der Erhalt der am Kanal gelegenen Biotope sowie die naturschutzgerechte Entsorgung bzw. Weiterverwendung des Baggergutes zu berücksichtigen.

Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, auf die Anteilseigner dänische Regierung und Deutsche Bahn AG einzuwirken, die Vogelfluglinie zu erhalten und das Fährkonzept der Scandlines zu optimieren, auch wenn die Anteilseigner ihre Anteile an Scandlines verkaufen sollten.

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