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Fortschritte in Zypern

Rede im Deutschen Bundestag

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen,

sehr verehrte Damen und Herren!

Seit dem 1. Mai 2004 ist die Republik Zypern Mitglied der Europäischen Union, aber auf dem Weg der Wiedervereinigung der geteilten Insel sind wir kaum spürbar vorwärts gekommen. Die Europäische Union, der die Republik Zypern beigetreten ist, ist eine Friedensunion, die weiß, dass Frieden erst durch historische Versöhnungsleistungen entsteht. Der Zypernkonflikt ist eine europäische Herausforderung, dessen Lösung nicht mehr auf sich warten lassen kann. Wir dürfen diesen Prozess nicht mehr aufschieben. Als Europäer, die so viel Erfahrung mit der Überwindung von Teilung haben, müssen wir konkret und aktiv handeln.

Für mich ist eine der zentralen Lehren aus unserer eigenen Geschichte: in zentralen und existenziell wichtigen Fragen muss über Parteigrenzen hinweg zusammen gearbeitet werden.

Deshalb freue ich mich besonders, dass im deutschen Bundestag ein breiter Konsens zwischen den Fraktionen zu diesem Thema erzielt werden konnte und ich möchte mich bei allen meinen Kollegen für die konstruktive Zusammenarbeit herzlich bedanken. Wir haben damit ein gutes Zeichen gesetzt, dass wir uns nicht nur streiten sondern im Interesse der Menschen auch gemeinsam handeln können.

Viele Menschen in beiden Teilen Zyperns erwarten ein stärkeres Engagement der Europäischen Union. Vor diesem Hintergrund kommt der EU und insbesondere Deutschland eine starke Verantwortung zu, diese Entwicklung konstruktiv zu begleiten und weitere Schritte zur Wiederannäherung der beiden Teile Zyperns zu fördern.

Denn insbesondere Deutschland, das auch Erfahrungen mit Teilung hat, genießt auf beiden Seiten der Demarkationslinie sowie in Griechenland und der Türkei hohes Vertrauen. Dadurch entstehen auch Erwartungen. Es ist ein gutes Zeichen, wenn der deutsche EU-Vorsitz jetzt einen neuen Impuls gibt, um die bestehenden Möglichkeiten zur Überwindung der Gegensätze aktiv zu nutzen.

Unser Antrag hat bereits im Vorfeld unterschiedliche Reaktionen und Erregungen von verschiedenen Seiten hervorgerufen. Das zeigt nur: wir sind auf dem richtigen Weg die Debatte und somit den politischen Prozess wiederzubeleben. Unser Interesse ist, einen Anstoß zu geben. Aber die Lösung des Konflikts muss im Rahmen der Vereinten Nationen gelingen. Weil die schwersten Fragen wie Zuwanderungspolitik, Eigentumsfragen, Entmilitarisierung usw. nur auf dieser Ebene angegangen werden können.

Parallel beobachten wir auch positive Bewegungen, die die Aktualität unseres Antrags noch einmal bestätigen: Es gibt eine Reihe von positiven Signalen von beiden Seiten, dass wieder Bewegung in die Zypern-Frage kommen kann. Dazu gehört unter anderem:

- die offizielle Zustimmung der Republik Zypern zur EU-Finanzhilfe an den Norden der Insel

- die Wiederaufnahme der Verhandlungen über eine Direkthandelsverordnung der EU mit dem Norden der Insel

- der schrittweise Abbau der Mauer und die Öffnung einzelner Überquerungen der grünen Linie

- die Überarbeitung von Schulbüchern, die die kritische Reflexion der Geschichtsbilder impliziert

Das sind sehr wichtige Schritte auf dem Weg zur Lösung des Zypern-Problems, jedoch müssen den offiziellen Bekundungen auch Taten folgen. Die Türkei wird mit der Umsetzung der Beschlüsse im Ankara-Protokoll auch antworten müssen.

Ein weiteres Signal ist das positive Votum der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank zum möglichen Beitritt der Republik Zypern in 2008 zur Euro-Zone. Darüber freuen wir uns alle sehr. Der zyprische Finanzminister Michalis Sarris nannte diese Entscheidung „den historischer Tag für Zypern“. Der Euro-Beitritt zeigt die ökonomischen Fortschritte der Republik. Aber die Euro-Einführung weckt auch Hoffnungen auf eine Wiedervereinigung der gespaltenen Insel. Eine starke und neutrale Währung kann die wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen beiden Regionen wieder beleben. In dieser Hinsicht muss geprüft werden, ob nicht eine offizielle Euro-Einführung im Norden der Insel auch möglich ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die wirtschaftliche Ungleichheit der beiden Seiten der Insel sich noch vergrößert.

Wir wissen alle, - je länger wir die Lösung dieses Konflikts verschieben, desto schwerer wird es für beide Seiten miteinander zu sprechen und gemeinsame Berührungspunkte zu finden. Inzwischen verschärfen sich die mentalen Hürden auf beiden Seiten der Gesellschaft. Wir brauchen aber gerade die Abschaffung der Vorurteile und ein verantwortungsvolles Handeln für eine gemeinsame Zukunft. Das Bedeutet übersetzt: die beiden Parteien müssen den Mut finden die gegenwärtige Lage überwinden zu wollen. Deshalb ist es notwendig, dass die Regierung der Republik Zypern die Gespräche mit der Verwaltung des Nordens verstärkt, da sie nun mal die faktische Vertretung eines Teils der Bevölkerung darstellt und mit diesem Teil der Zypernbevölkerung nur mit Hilfe dieser Institutionen gesprochen werden kann. Solche Verhandlungen kommen einer rechtlichen Annerkennung nicht gleich und stellen somit auch keine Gefahr für die souveräne Einheit der Republik Zypern dar.

Heute geht es nicht darum den Status quo zu verteidigen heute geht es darum mutig auf einander zu zugehen und im Interesse der Menschen auf Zypern eine Zukunft ohne Grenzen zu gestalten.

Vielen Dank!

 

Der Antrag als PDF Download

 



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