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Meerespolitik der EU

Rede im Deutschen Bundestag

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Damen und Herren,

Unsere Meere bieten die Grundlage für Artenvielfalt, Klimaschutz, Wohlstand und Lebensqualität. Darum begrüßen wir das Grünbuch Europäische Meerespolitik der Europäischen Kommission. Sein Anspruch ist es, alle Politikbereiche und konkurrierenden Ansprüche von Fischerei, Verkehr und Landwirtschaft über den Schutz des Ökosystems Meer, maritime Wirtschaft und nachhaltige Technologien wie Windkraft und Erneuerbare Energien unter einen Hut zu bringen. Darum ist der Ansatz richtig, der alle Interessen berücksichtigt und die Nutzung der Meere erlaubt, ohne ihr sensibles Gleichgewicht aus der Balance zu bringen. Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen hat ihre Vorschläge in einer Stellungnahme an die Kommission geschickt. Wir meinen: Das Grünbuch wird seinem Anspruch nicht gerecht. Der Meeresschutz kommt zu kurz. Wir brauchen verbindliche Ziele und Maßnahmen für einen umfassenden und nachhaltigen Meeresschutz als Leitprinzip und Grundlage für alle Politikbereiche ins Grünbuch.

Beispiel Fischerei: So, wie wir unsere Meere heute nutzen, zerstören wir sie. Die Kabeljaubestände in Nord- und Ostsee sind nahezu leer gefischt. der Rat für Fischerei unter Vorsitz von Bundesminister Horst Seehofer hat für das Jahr 2007 eine Fangquote für Kabeljau von 23.000 Tonnen in der Nordsee beschlossen. Auch nach dem jüngsten Treffen der EU-Landwirtschaftsminister bleiben Ostseedorsch, Roter Tunfisch und Aal vom Aussterben bedroht. Eine nachhaltige Gemeinsame Europäische Fischereipolitik bedeutet: runter mit den Fangquoten! Sie muss unter anderem die Grundnetzschlepperei verbieten, unsinnige Subventionen abbauen und die Meeresschutzgebiete ausweiten.

Beispiel Schiffsemissionen: Das Schiff hat das Potenzial zum ökologisch verträglichsten Verkehrsmittel. Der Anteil der Seeschifffahrt an den weltweiten CO2-Emissionen ist zwischen 1990 und 2000 um knapp 20 Prozent gestiegen. Nach Schätzungen nimmt der Seeverkehr bis zum Jahr 2020 um 60 Prozent zu und damit auch der Ausstoß an Schadstoffen. Wir leisten uns auf See echte Dreckschleudern. Unsere Schiffe fahren mit Kraftstoffen, die an Land als Sondermüll entsorgt werden müssten. Wir brauchen alternative Kraftstoffe und alternative Antriebe wie Windbetriebene Motoren. Mit einem „European clean ship“ mit wenig Schadstoffen und hoher Energieeffizienz kann die EU internationale Vorreiterin werden. Wir brauchen international verbindliche Regelungen für strengere Schadstoff-Grenzwerte. Und wir müssen die Schifffahrt in den EU-weiten und internationalen Handel mit CO2-Zertifikaten einbeziehen. Dafür sollte sich die Bundesregierung bei den Verhandlungen zum Kyoto-Protokoll Ende des Jahres stark machen.

Beispiel Offshore-Windenergie: Offshore-Windparks sichern nachhaltige Energiegewinnung und Arbeitsplätze. In Werften und Maschinenbau ist mit 20.000 neuen Jobs zu rechnen. Der Exportanteil der in Deutschland hergestellten Komponenten für Windkraftanlagen liegt heute bei fast 60 Prozent, das Investitionsvolumen bei 50 Milliarden Euro. Das Grünbuch greift nicht weit genug: Wir brauchen mehr Forschung und Entwicklung für ökologisch verträgliche Offshore-Technologien.

In den ökologisch nachhaltigen maritimen Technologien stecken die Innovationspotenziale. Damit sind wir bei der maritimen Wirtschaft. Wir müssen die maritime Wirtschaft ökologisieren! Dazu gehört das Bewusstsein, dass wir Meeresschutz und Meeresnutzung zusammen denken müssen.

Ratspräsidentin Angela Merkel hat in Bremen davon gesprochen, „den Wert des Meeres für die nachfolgenden Generationen zu erhalten“. Leider blieb der Meeresschutz in der Abschlusserklärung weitgehend außen vor. Auch die Anträge der Großen Koalition und der FDP machen deutlich: hier wurde nicht verstanden, dass maritime Wirtschaft und Meeresschutz zusammen gehören. Darum wird die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen beiden Anträgen nicht zustimmen.



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