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Regierungskonferenz über die Änderung der vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union

Rede im Bundestag

Antrag „Regierungskonferenz über die Änderung der vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union“, CDU/CSU und SPD

Sehr geehrter Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

nach der Einigung auf ein Mandat für den Reformvertrag für die Europäische Union kommt nun die Feinarbeit: es gilt, die Verhandlungen bis zum nächsten Treffen der Staats- und Regierungschefs im Oktober zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, damit die EU handlungsfähiger, demokratischer, transparenter und effizienter wird.

Noch sind nicht alle Fragen abschließend geklärt. Davon sollten wir uns jedoch nicht beunruhigen lassen. Großbritannien hat noch Klärungsbedarf, was die Grundrechtecharta und die Innen- und Justizpolitik angeht. Auch andere Mitgliedstaaten melden hier und da noch Vorbehalte an. Aber nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird und Taktieren gehört zum politischen Geschäft.

Ich möchte an dieser Stelle einen Punkt im Reformvertrag herausgreifen, der nicht nur für uns Grüne, sondern auch für eine europäische Öffentlichkeit zentral ist: die Grundrechtecharta. Was wir nicht wollen, ist, dass die rechtliche Bindung der Grundrechtecharta abgeschwächt und die sozialen Grundrechte in der EU verwässert werden. Hier sollte die Bundesregierung auf einen intelligenten Kompromiss mit Großbritannien hinarbeiten.

Es gilt, noch weitere Steine aus dem Weg zu räumen. Beispiel Energiepolitik und Energiesolidarität: Wenn ich mir die Vorschläge des französischen Präsidenten Sarkozy so anschaue, dann kann ich nur sagen: Energiesolidarität bedeutet nicht Atomsolidarität! Staatlicher Protektionismus und die Förderung der Atomlobby bringen uns nicht weiter.

Energiepolitik und Außenpolitik gehören zusammen. Eine intelligente Energieaußenpolitik darf sich jedoch nicht auf Ressourcensicherung beschränken. Energieaußenpolitik darf auch nicht bedeuten, möglichst vielen Staaten Nukleartechnologie zu verkaufen.

Für die kommenden Jahre zentral wird das Projekt einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik für die EU sein. Mit der Einigung auf einen Hohen Vertreter für die Außen- und Sicherheitspolitik und einen Auswärtigen Dienst für die EU sind wichtige Grundlagen gelegt. Aber wir stehen erst am Anfang: nun müssen wir die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik mit Leben füllen. Vielstimmigkeit in der EU muss kein Hindernis sein. Aber wir sollten uns auf gemeinsame Linien verständigen, die wir dann auch nach außen vertreten. Dazu wird auch gehören, dass wir bereit sind, die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik in die Außen- und Sicherheitspolitik der EU einzubinden. An der Kosovofrage sehen wir, wie schwierig es ist, eine gemeinsame Position innerhalb der EU, aber auch mit unseren russischen und US-amerikanischen Freunden zu finden.

Unsere Fraktion hat wiederholt bekräftigt, dass die Ratspräsidentschaft das Beste aus den Verhandlungen um das Mandat für den Reformvertrag herausgeholt hat. Allerdings hätten wir uns gewünscht, dass die Bundesregierung ihre Selbstverpflichtung ernst genommen und das politische Einvernehmen mit dem Bundestag gesucht hätte, und zwar bevor die Regierungskonferenz eröffnet wurde. Die Vereinbarung von Regierung und Parlament über mehr Rechte bei Entscheidungen, Beteiligung und Information in EU-Angelegenheiten ist gerade mal ein Jahr alt, aber die Informationspolitik der Bundesregierung hält sich in Grenzen. Noch ist die Vereinbarung mehr Schein als Sein. So schafft die Bundesregierung kein Vertrauen in ihre Arbeit, so untergräbt sie ihre Legitimation. Wir fordern daher frühzeitige, fortlaufende und vollständige Information des Bundestags über die weiteren Verhandlungen zum Reformvertrag.

Vielen Dank.



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