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Plenarsitzungsort des Europäischen Parlaments

09.05.2008 Rede Deutscher Bundestag

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Präsident, Sie haben schon einen Teil der Einleitung vorweggenommen, wobei wir das mit der Fahne für eine gute Idee halten.

Eine der Schwierigkeiten, die wir haben, ist, dass wir an solchen Tagen wie heute, dem Europatag, geneigt sind, große Reden über die Verdienste Europas, die es ohne Frage gibt, zu halten. Ich glaube, alle Europäer können auf das, was wir geleistet haben, auf dieses Friedensprojekt stolz sein. Trotzdem müssen wir uns an solchen Tagen ganz besonders mit der Kritik auseinandersetzen, die es nicht immer zu Recht, aber doch immer wieder an dem europäischen Integrationsprojekt gibt. Wir müssen an diesem Tag ganz besonders dafür kämpfen und dafür arbeiten, dass wir in Deutschland das Vertrauen der Menschen in Europa und in die europäische Integration stärken. Wir müssen deutlich machen, dass Europa das Projekt ist, das wir realisieren wollen, um den Menschen in Deutschland und in Europa mehr Wohlstand, mehr Sicherheit und mehr Freiheitsrechte zu geben. Dafür steht Europa, und dafür kämpfen wir, und das heißt Arbeit.

Das heißt natürlich auch, dass wir uns all der Kritik, zum Beispiel dass in Europa nicht richtig mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler umgegangen und Geld verschwendet wird, stellen müssen. Ich glaube, das Thema, das wir heute auf die Tagesordnung gesetzt haben, der Wanderzirkus des Europäischen Parlaments zwischen Brüssel und Straßburg, ist ein Punkt, an dem man ganz konkret im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler deutlich machen kann, dass wir in eine andere Richtung wollen, weil hier viel Geld verschwendet wird, ohne dass damit auch nur der Ansatz eines Mehrwertes verbunden wäre.

Jeden Monat gehen 785 Abgeordnete des Europäischen Parlaments, die normalerweise in Brüssel sitzen, auf Reisen nach Straßburg. Dazu kommen jeden Monat 3 000 Mitarbeiter und neun Sattelzüge mit Unterlagen, die zwischen Brüssel und Straßburg hin- und hergefahren werden. Das kostet jedes Jahr 200 Millionen Euro. Das sind in einer EU-Finanzperiode fast 1,5 Milliarden Euro, die wir nur dafür ausgeben, um unsere Abgeordneten, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Unterlagen zwischen Straßburg und Brüssel hin- und herzufahren. Man kann keinem Menschen vernünftigerweise erklären, warum wir das machen. Das dient nicht der Arbeitsfähigkeit der Parlamentarier.

Wir als Grüne, die wir uns der europäischen Integration verpflichtet fühlen, wissen sehr wohl um die Bedeutung Straßburgs als der Stadt, die die europäische Versöhnung symbolisiert. Dem stellen wir uns auch. Daher lautet unser Vorschlag, das nicht quantitativ, aber qualitativ auszugleichen, das heißt, in Zukunft die Sitzungen des Europäischen Rates in Straßburg abzuhalten, also neben dem Sitz des Europarates, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und vielen anderen europäischen Einrichtungen. Diesen Charakter der Stadt Straßburg wollen wir erhalten und stärken, und die Verlegung des Europäischen Rates ist hierfür sicherlich ein vernünftiges Instrument.

Wir wollen, dass die Verschwendung von Ressourcen aufhört. Es geht nicht nur um die Verschwendung von Geld, sondern ‑ das sage ich natürlich insbesondere als Grüner ‑ um eine Vergeudung von Ressourcen; damit greife ich die Transporte und damit verbundenen CO2-Emissionen auf. Ein offizieller Bericht des EU-Parlaments enthält die Aussage ‑ das wurde ausgerechnet ‑, dass durch diese Transporte 20 000 Tonnen CO2 zusätzlich emittiert werden.

‑ Herr Westerwelle, wenn man alle Parlamentarier des Europäischen Parlaments in ein Großraumflugzeug steckt und dieses Flugzeug jeden Tag im Jahr fünfmal um die Erde kreisen lässt, dann kommt man auf 20 000 Tonnen CO2. Ich halte es für nicht verantwortbar, dass wir einen solchen Unfug mitmachen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird Geld verschwendet und führt zu Klimaschädigung. Deshalb glaube ich, dass diese Form der Verschwendung von Steuergeldern und Ressourcen beendet werden muss. Es muss ein klares Konzept mit Richtung Kompensation geben. Wir sagen Ja zu den Franzosen und Ja zum europäischen Integrationsgedanken, aber Nein zur Verschwendung von Steuergeldern. Das schafft Vertrauen in die europäische Integration. Wir fühlen uns dieser sehr verpflichtet. Es geht hier nicht um Populismus gegen Europa. Es geht darum, dass wir mit Steuergeldern verantwortungsvoll umgehen.

Vielen Dank.

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