Menü

Seelotsgesetz

05.06.2008 Rede Deutscher Bundestag

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich freue mich, dass sich alle Fraktionen im Deut­schen Bundestag einstimmig dafür ausgesprochen ha­ben, die Voraussetzungen für den Beruf des Seelotsen neu zu fassen und zu ergänzen sowie Alkohol und andere Rauschmittel bei der Ausübung der Seelotsentätigkeit zu verbieten.

Wir von Bündnis 90/Die Grünen unterstützen diese Initiative der Großen Koalition zur Änderung des Seelotsgesetzes ausdrücklich. Wir wollen die Zugangsvoraussetzungen zum Beruf des Seelotsen verbessern, und wir wollen mehr Sicherheit auf See. Mit dem veränderten Seelotsgesetz können wir beides erreichen.

Wir Grüne haben uns während der der rot-grünen Bundesregierung mit einigen Initiativen für mehr Sicherheit auf See starkgemacht: sei es mit unseren Anträgen zur Vermeidung von Ölkatastrophen, zur Vermeidung von Alkoholmissbrauch im Seeverkehr, zur Küstenwache, sei es mit unserem grünen Antrag für ein verbessertes Konzept für Notschlepper. Daher freue ich mich besonders, dass wir gemeinsam mit Vertretern von Nord- und Ostseeküste erreicht haben, dass das Bundesverkehrsministerium seine jahrelange Blockadehaltung nun endlich aufgegeben und den Auftrag für die Notschlepper für Nord- und Ostsee vergeben hat.

Auch beim Küstenschutz hat sich die Bundesregie­rung nicht mit Ruhm bekleckert: Der Bundesrechnungshof bescheinigt ihr ein schlecht vorbereitetes und durchgeführtes Planungsverfahren für das Maritime Sicherheitszentrum in Cuxhaven. Der Fall wird uns im Verkehrsausschuss noch beschäftigen.

Wir müssen im Fall einer Havarie handlungsfähig sein. Besonders die Ostsee ist gefährdet: Das empfindliche Ökosystem leidet unter Einleitungen aus der Landwirtschaft, Meeresverschmutzung durch Öl und Plastikmüll und dem rasant wachsenden Schiffsverkehr. Rund 200 Schiffe fahren täglich durch die Kadetrinne; das ist die schmale Passage zwischen der Halbinsel Darß und der dänischen Insel Falster. Das Risiko einer Ölkatastrophe ist groß; denn viele dieser Schiffe sind Öltanker, die im Fall einer Havarie nicht alle ausreichend geschützt sind.

Für Öltanker gelten ab dem Jahr 2015 verschärfte Re­geln in der EU. Dann müssen Tanker mit einer doppelten Außenwand ausgestattet sein. Doch mit der Doppelhüllenregelung ist es nicht getan. Denn die EU-Vorgaben gelten zum Beispiel nicht für Russland. Daher brauchen wir dringend internationale Regelungen für sichere Schiffe. Wenn dann ab 2015 Tanker mit nur einer Außenhülle ausgemustert werden, stehen wir vor der Aufgabe, die Schiffe zu verschrotten. Noch ist es gängige Praxis, ausgemusterte Schiffe nach Indien zu bringen, wo sie zum Teil ganz ohne Schutzmaßnahmen für Menschen und Meeresumwelt auseinandermontiert werden. Wir fordern daher Standards für die Abwrackung von Schiffen,  eine verbesserte Kontrolle der Flaggenstaaten, eine einheitliche europäische Küstenwache sowie die Lostenpflicht für die Kadetrinne.

Ein weiteres Sicherheitsrisiko ist die geplante Ostseepipeline. Eine „ernsthafte Umweltbedrohung“ nennt der Bericht des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments die knapp 100 000 Tonnen Munitionsaltlasten, die nach dem Zweiten Weltkrieg und später noch in der Ostsee versenkt wurden. Auch der Europarat hat wiederholt vor den explosiven Altlasten gewarnt. Die Bundesregierung sollte sich von der ökologisch wie sicherheitspolitisch fragwürdigen Ostseepipeline verabschieden und stattdessen die Initiative Schwedens und der baltischen Staaten unterstützen, eine Landroute zu prüfen.

Unabhängig davon muss die Bundesregierung das Problem der Munitionsaltlasten endlich anpacken. Im Nadelöhr Kadetrinne, dieser schmalen und viel befahrenen Wasserstraße, liegt ein Kriegsschiffwrack mit mindestens drei Bomben an Bord. Die Folgen eines Tankerunfalls können hier verheerend sein; denn bei einer Explosion können die Bomben ganze Schiffe versenken. Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung noch immer nicht die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern klar geregelt hat. Hier gibt es noch einige Hausaufgaben zu erledigen.

Herzlichen Dank

zurück