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Die europäische Integration der Republik Moldova unterstützen

26.06.2008 Rede Deutscher Bundestag

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Republik Moldova ist seit dem 1. Januar 2007 unser unmittelbarer Nachbarstaat der EU. Sie liegt mit nur knapp 4 Millionen Einwohnern an der Schnittstelle zwischen der EU und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten. Sie strebt nach der europäischen Integration, nach einer Annäherung an die EU mit dem Ziel der Mitgliedschaft und der gleichzeitigen Wahrung ihrer bündnispolitischen Neutralität. Das unterstützen wir natürlich. Ein jedes Land muss für sich entscheiden können, wie es sich entwickeln möchte. Und wenn es nach unseren Spielregeln spielen möchte, dann ist das für uns nur gut.

Wie durch den Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission vom 3. April 2008 zur Umsetzung der EU-Nachbarschaftspolitik in Moldova bestätigt, ist Moldova auf dem richtigen Weg der Annäherung. Zu den Fortschritten zählen beispielsweise die Annahme einer umfangreichen Strategie zur Reform des Justizsystems, die Ratifizierung der Konvention der Vereinten Nationen gegen Korruption, die gesetzliche Heranführung an VN-Standards und Fortschritte bei der Wahrung der Menschenrechte. Autonome Handelspräferenzen und das Visaerleichterungs- und Rückführungsabkommen mit der EU sind Erfolge, die die Republik schrittweise erzielen konnte. Jedoch muss zur weiteren Annäherung an EU-Standards und internationale Menschenrechtsstandards noch dringend die Umsetzung der Gesetzgebung bezüglich der Gewährleistung der Meinungs- und Pressefreiheit, der Unabhängigkeit der Justiz und der Bekämpfung der Korruption vorangetrieben werden. Menschenrechtliche Probleme bestehen dabei vor allem noch immer bei der Situation in Polizeigewahrsam und in Justizvollzugsanstalten.

Die Stärkung von demokratischen, rechtsstaatlichen und marktwirtschaftlichen Strukturen ist eine Voraussetzung sowohl für eine weitere Integration in die EU als auch für die politische, ökonomische und gesellschaftliche Zukunft von Moldova. Entscheidende Voraussetzungen dafür sind die Unterstützung durch die EU, wie sie inzwischen im Rahmen des Instruments der EU-Nachbarschaftspolitik erfolgt, und eine aktive innenpolitische Reformpolitik der moldauischen Regierung unter Wahrung außenpolitischer Stabilität.

Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass der Transformationsprozess in der Republik Moldova sich unter besonderen Herausforderungen vollzog und vollzieht. Die territoriale Integrität und Stabilität wird seit mittlerweile eineinhalb Jahrzehnten durch die Abspaltung des Landesteils Transnistrien beeinträchtigt. Zu diesem einge­frorenen Konflikt direkt an der Grenze der EU gehört nach Angaben der OSZE die Lagerung von circa 20 000 Tonnen russischer Restmunitionsbestände auf ungefähr 100 Hektar Land. Auch vor diesem Hintergrund ist eine konstruktive Rolle Russlands bei der Lösung des Konflikts mit Umsetzung der 1999 auf dem OSZE-Gipfel in Istanbul getroffenen Vereinbarungen von entscheidender Bedeutung.

Wir begrüßen das seit 2005 verstärkte Engagement der EU in der Region. Ein erfolgreiches Beispiel ist EUBAM: eine Hilfe zur Sicherung der moldauischen Außengrenze zur Ukraine. Nun müssen nach ziemlich genau zweijähriger Aussetzung aber auch die Verhandlungen im „Fünf-plus-Zwei-Format“ mit allen beteiligten Konfliktparteien über die informellen Gespräche hinaus unbedingt wieder aufgenommen werden. Die EU muss ihre Initiativen zur Beilegung des Konflikts fortsetzen und zur Vertrauensbildung auch innerhalb der ganzen Bevölkerung beitragen.

Ziel muss eine Wiedererlangung der Ein­heit des Landes unter Rahmenbedingungen sein, die die Souveränität und Sicherheit der Republik Moldova ebenso wie den Fortgang des demokratischen und rechtsstaatlichen Reformprozesses ermöglichen.

Seit 2007 sind wir in der EU Haupthandelspartner der Republik Moldova. Die in diesem Jahr erworbenen autonomen Handelspräferenzen sind ein guter Schritt nach vorne für Moldova; denn sie sollen dazu beitragen, dass die negative Handelsbilanz ausgeglichen wird. Die Repu­blik Moldova; macht leichte Fortschritte in ihrem Streben nach Etablierung eines guten Investitionsklimas, sodass sich die direkten ausländischen Investitionen zwischen 2006 und 2007 bereits nahezu verdoppelt haben.

Dennoch hat die Republik Moldova mit weiteren wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Abhängigkeit von ausländischer Energieversorgung, insbesondere von Energielieferungen aus Russland, eine Agrarproduktion, die durch die Dürre des Jahres 2007 massiv geschädigt wurde, über ein Jahr anhaltende russische Importverbote für moldauische Produkte, speziell Wein, haben zu dramatischen ökonomischen Auswirkungen geführt. Laut Fortschrittsbericht der EU-Kommission lebt jeder Vierte der Moldauer und Moldauerinnen unter der Armutsgrenze. Die massive Abwanderung hat dazu beigetragen, dass dem moldauischen Arbeitsmarkt junge qualifizierte sowie auch einfache Arbeiterinnen und Arbeiter fehlen. Nach unterschiedlichen Datenerhebungen befinden sich zwischen 300 000 und 800 000 Moldauerinnen und Moldauer zur oft illegalen Berufsausübung dauerhaft im Ausland. Ein Drittel des moldauischen Bruttoinlandsproduktes speist sich aus dem von Auslandsarbeiterinnen und -arbeitern nach Hause geschickten Geld.

Diese Entwicklungen im ärmsten Land Europas an den direkten Grenzen der EU liegen weder im Interesse der Menschen im Land noch in unserem Interesse in der EU. Deswegen fordern wir eine Stärkung der Zusammenarbeit sowohl im bilateralen wie auch im europäischen Rahmen.

Wir müssen daran interessiert sein, im Laufe der Umsetzung der EU-Standards durch die Republik Moldova auch ihre weitere Heranführung an die EU zu unterstützen. Ich freue mich, dass wir hier interfraktionell an unsere Tradition anknüpfen und unseren gemeinsamen Be­schluss von 2004 mit diesem Antrag bekräftigen.

Vielen Dank!

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