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Für ein interinstitutionelles Konzept zur Errichtung und Kontrolle von EU-Agenturen

27.06.2008 Rede Deutscher Bundestag

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Mit unserem Antrag wollen wir Licht in das Dunkel der Arbeit und der Strukturen von so genannten EU-Agenturen bringen. Gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen wollen wir mehr Übersicht, mehr Kontrolle und einen umfassenden Rechtsschutz für alle Bürgerinnen und Bürger herstellen.

EU-Agenturen bestehen fast in jedem Mitgliedstaat. In Köln ist es zum Beispiel die Europäische Agentur für Flugsicherheit, in Kopenhagen die Europäische Umweltagentur  und in Turin die Europäische Stiftung für Berufsbildung. Diese zahlreichen Agenturen der Europäischen Union unterstützen sie und damit uns in unserer Arbeit, nämlich in der Ausführung und Fortentwicklung europäischer Politik. Die EU-Agenturen sind meistens nicht in Brüssel angesiedelt und geben der EU dadurch zum Beispiel eben in Köln, in Kopenhagen oder in Turin ein „Gesicht“. Das ist ein guter Aspekt dieser Agenturen, und ich möchte unterstreichen, dass wir Grünen die EU-Agenturen unterstützen, die sinnvoll und notwendig sind. Teilweise leisten sie eine sehr gute Arbeit vor Ort. Das steht außer Frage.

Und jetzt kommt das aber. Aber, ein Teil dieser Agenturen, die so genannten Regulierungsagenturen, sind nicht hinreichend kontrolliert und reguliert. Diese Agenturen sind autonome Einrichtungen, für die kein einheitlicher Rechtsrahmen besteht; im Unterschied zu den Exekutivagenturen, die wiederum zeitlich befristet, mit klaren Aufgaben und einer eindeutig geregelten Verantwortung der EU-Kommission eingerichtet werden. Dadurch ist bei Regulierungsagenturen nicht gewährleistet, dass sie den grundlegenden Anforderungen an Rechenschaftspflicht und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung gerecht werden. 

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass EU-Agenturen mitunter Aufgaben erledigen, die bereits an anderer Stelle bearbeitet werden. In einigen Fällen sind die Mandate der Agenturen nicht eindeutig und Doppelstrukturen zwischen unterschiedlichen Agenturen erkennbar. Weiterhin beanstanden wir, dass bei einigen Agenturen lange Zeit ein klar erkennbares Konzept fehlt oder sogar das Direktorium über lange Zeit nicht eingesetzt wird. Und schließlich lässt die Finanzverwaltung zu wünschen übrig, was auch vom Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlamentes als mangelhaft kritisiert wird.

Das ist umso gravierender, weil gerade in den letzten Jahren die Anzahl der Agenturen drastisch gestiegen ist und sich mehr als verdoppelt hat. Dadurch sind die Personalplanstellen zwischen dem Jahr 2000 und heute um 148 Prozent angewachsen und der Gesamthaushalt hatte allein in den letzten beiden Jahren einen Aufwuchs von 20 Prozent!

Diese Mängel müssen abgeschafft werden! Die EU-Strukturen müssen genauso wie nationale Strukturen effizient und effektiv arbeiten. Daher begrüßen wir den neuerlichen Vorstoß der EU-Kommission sehr, die Rahmenbedingungen für alle EU-Agenturen zu regeln und dafür eine Arbeitsgruppe einzurichten.

Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie uns erstens ihre Ideen über und ihre Anforderungen an EU-Agenturen darlegt, denn immerhin ist es unter anderem die Bundesregierung, die über die Einrichtung von Agenturen berät und entscheidet. Für uns ist ganz klar: Konzepte müssen die Einrichtungen von Agenturen bestimmen; keine politischen Tauschgeschäfte!

Zweitens, wollen wir über die neu einzusetzende Arbeitsgruppe zu den EU-Agenturen fortlaufend und frühzeitig informiert werden.

Drittens, wollen wir einen klaren Handlungsrahmen für alle Agenturen und auch die Möglichkeit, Agenturen schließen zu können, wenn sie offensichtlich nicht notwendig sind, da sie beispielsweise Arbeiten durchführen, die an anderer Stelle bereits besser erledigt werden.

Und viertens muss die parlamentarische Kontrolle der Agenturen verstärkt werden und es muss klare und umfassende Rechtsschutzregelung gegenüber Handlungen und Entscheidungen der EU-Agenturen für die Bürgerinnen und Bürger geben.

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