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Bilanz der deutschen EU-Ratspräsidentschaft

Alles in allem war die deutsche Ratspräsidentschaft erfolgreich, wenn wir uns auch in zentralen Punkten mehr gewünscht hätten. Beispiel Zukunft der EU: die Gespräche hinter verschlossenen Türen zu führen, war kein Meisterstück bürgernaher Diplomatie. Beispiel "EU-Ostpolitik": es ist der Ratspräsidentschaft nicht gelungen, mit Russland in Verhandlungen über das neue Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zu gehen. Gerade in der Frage der Energiesicherheit brauchen wir Lösungen, die Russland und die neuen Nachbarstaaten einbeziehen. Zentrale Prinzipien sollten Regelungen zu Zugangsgarantien, Energieinvestitionen, Transit, Rechtstaatlichkeit und Menschenrechten sein. Zur Europäischen Nachbarschaftspolitik fielen schöne Worte, jedoch sind sie noch keine sinnvolle Weiterentwicklung. Eine neu strukturierte ENP muss unterscheiden zwischen europäischen Staaten mit grundsätzlicher Beitrittsperspektive und den Anrainern des südlichen und östlichen Mittelmeers. Die EU-Zentralasienstrategie muss sich nun beweisen. Wir begrüßen die Verbindung des regionalen Ansatzes mit individuellen Spezifika. Jedoch muss die EU klare Ziele in den Menschenrechtsdialogen mit den zentralasiatischen Staaten einfordern, um nicht ihre Glaubwürdigkeit zu beschädigen.

Bei aller Kritik: am Ende hat Ratspräsidentin Angela Merkel viel rausgeholt. Angesichts der Blockadedrohungen ist es ein Erfolg, dass der EU-Gipfel überhaupt zu einem Mandat für die portugiesische Ratspräsidentschaft geführt hat. Die Substanz des Vertrags ist gerettet: Die Grundrechtecharta wird rechtsverbindlich, die EU erhält eine einheitliche Rechtspersönlichkeit und kann der Europäischen Menschenrechtskonvention beitreten. Im Rat werden mehr Entscheidungen mit Mehrheit getroffen, die Rechte des Europäischen Parlaments sind gestärkt. Über die Unionsbürgerinitiative können die Bürgerinnen und Bürger die Politik der EU stärker beeinflussen.

Was wiederum fehlt, sind konkretere Aussagen zu Klima, Energie und Sozialem. Der Klima-Gipfel im Frühjahr brachte zwar keine konkreten Verpflichtungen, aber immerhin hat Ratspräsidentin Angela Merkel den Klimaschutz auf die Tagesordnung der EU gesetzt. Ihr größter Erfolg ist aber, dass sie es geschafft hat, das Vertrauen in die Lösungs- und Handlungsfähigkeit der EU wieder herzustellen und als Vermittlerin ein Klima des Vertrauens unter den Mitgliedstaaten zu schaffen.

Die portugiesische Ratspräsidentschaft hat ein volles Programm vor sich. Wir wünschen ihr Geschick und Energie, aber vor allem: viel Erfolg!

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