PE 13.12.2007 EU-Gipfel: mit dem Vertrag von Lissabon neuen Schwung in die EU bringen

Zum Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EU erklärt Rainder Steenblock, europapolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion:

Mit der Unterzeichnung des Vertrags von Lissabon soll die Phase der institutionellen Reformen nun endlich beendet werden. Es ist nämlich höchste Zeit, dass wir uns wieder den zentralen Fragen der inhaltlichen Ausgestaltung europäischer Politik widmen. Denn ins Getriebe des deutsch-französischen Motors der europäischen Integration ist mächtig Sand gekommen. Während Sarkozy glaubt, mit immer neuen PR-Gags Gas zu geben, steht Merkel mit einem Fuß hilflos auf der Bremse. Statt eine klare Position gegenüber dem französischen Präsidenten zu beziehen, findet die Bundeskanzlerin lediglich Beschwichtigungsworte.

  • Wir brauchen keinen "Rat der Weisen" oder eine "Reflexionsgruppe", unter der sich niemand etwas Konkretes vorstellen kann, zur Zukunft der EU. Wir brauchen öffentliche und transparente Debatten. Hinterzimmerpolitik von klugen Leuten ohne demokratische Legitimation verspielt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Aus alten Fehlern muss nun auch endlich gelernt werden.
  • Das Projekt der Mittelmeerunion führt zu einer Spaltung der EU in unterschiedliche Lobby-Gruppen und gefährdet den europäischen Integrationsprozess. Bei Merkels Kompromissvorschlag einer Einbeziehung der EU als Ganzes in die neue Mittelmeerunion stellt sich jedoch die Frage nach dem Verhältnis zur EU-Nachbarschaftspolitik, zur Euro-Mediterranen Partnerschaft und zum Barcelona-Prozess. Denn eigentlich befinden wir uns doch in einer Phase, in der wir unnötige Doppelstrukturen abbauen wollten.
  • Es leuchtet ein, dass der Bundeskanzlerin die Versuche des französischen Präsidenten, auf Biegen und Brechen, der Türkei ihre EU-Beitrittsperspektive abspenstig zu machen, willkommen sind. Aber Angela Merkel muss zu den Entscheidungen stehen, die sie im Europäischen Rat mit getroffen hat, sonst stärkt auch sie die Reformgegner in der Türkei. Es liegt in unserem ureigenen Interesse, dass die Türkei ein modernes und demokratisches Land als stabilisierender Anker in der Region wird. Dafür ist die Unterstützung der EU notwendig.
  • Den französischen Versuchen, den Einfluss der nationalen Regierungen auf die Europäische Zentralbank (EZB) zu stärken, und damit ihre Unabhängigkeit zu gefährden oder die EU-Wettbewerbspolitik in Frage zu stellen, muss Einhalt geboten werden.
  • Es ist peinlich, wenn sich die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung für ihre Menschenrechtspolitik lobt, jedoch keine Worte zum Staatsbesuch des libyschen Präsidenten Gaddafi in Paris findet. Ausgerechnet am Internationalen Tag der Menschenrechte schließen Sarkozy und Gaddafi Verträge über rund zehn Milliarden Euro für Rüstungsgüter und Atomkraftwerke ab.