Elbvertiefung: kein Bedarf

21.02.2009 Abgeordnetenwort Uetersener Nachrichten

Liebe Leserinnen und Leser,

vergangenes Wochenende war eine echte Riesin zu Besuch in Hamburg: Mit ihren rund 370 Metern Länge war "Marit Maersk" das längste Containerschiff, das je in den Hamburger Hafen gekommen ist. Der besondere Gast belegt einmal mehr, dass es praktisch keine Beschränkungen für große Schiffe gibt. Denn Marit Maersk ist nicht die erste Container-Gigantin im Hamburger Hafen. Genau die Schiffe, für die die Elbe angeblich vertieft werden soll, fahren schon heute problemlos nach Hamburg. Sie fahren sogar überwiegend tideunabhängig, weil der maximal mögliche Tiefgang in der Praxis nicht annähernd ausgenutzt wird. Hamburg liegt am Ende der Linie und kein großes Containerschiff kommt dort voll beladen an. Auch Marit Maersk war nicht auf Hochwasser angewiesen. Sie hätte locker 2.500 Container mehr laden können und wäre dann immer noch tideunabhängig gewesen.

Wenn es den Bedarf für eine weitere Elbvertiefung wirklich gäbe, hätte man ihn ganz einfach mit aktuellen Daten belegen können. Aber die Bedarfsbegründung stützt sich auf krude Annahmen von gestern. Die gezielte Desinformation der Öffentlichkeit durch die Hafenwirtschaft wird allenfalls durch die miserable Informationspolitik der Behörden übertroffen. Den Ausbaubefürwortern ist es nicht gelungen, den Sorgen der Elbanrainer mit einer transparenten Kommunikationsstrategie zu begegnen. Trotz Überarbeitung und erneuter Auslegung weisen die Antragsunterlagen noch immer gravierende Mängel auf.

Die Nervosität in Hamburger Wirtschaftskreisen und Ministerien steigt unübersehbar. Inzwischen hat auch die weltweite Wirtschaftskrise den Hamburger Hafen erreicht – mit sinkenden Frachtraten, rückläufigem Containerumschlag und Schiffen, die im Hafen vor sich hin dümpeln. Dass die Nerven blank liegen, zeigt die Art und Weise, wie Hamburg Druck ausübt, um die niedersächsische Landesregierung zur Zustimmung zu drängen. Deren Umweltminister Sander erteilte den Hamburgern die peinliche Lektion, dass ein ergebnisoffenes Verfahren nach Recht und Gesetz durch eine politische Vorabfestlegung zur Farce wird. Auch der Versuch, durch die Hintertür eines Vertrags mit den Deichverbänden ein Ja zur Elbvertiefung zu erkaufen, bleibt Wunschdenken. Der Widerstand gegen den Vertragsentwurf zur Übertragung der Elbuferunterhaltung auf den Bund unter der Bedingung des Verzichts auf die Einwendungen gegen die Elbvertiefung wird massiver. Auf Antrag der Grünen soll der Kreistag in Stade am 9. März klar gegen die Koppelung des Vertrags an die Elbvertiefung Position beziehen.

Und Schleswig-Holstein? Der Landesregierung scheint Rechtsstaatlichkeit nur eine lästige Formalität zu sein. Statt gemeinsam mit dem Nachbarland Niedersachsen für die Interessen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu kämpfen, signalisierte Wirtschaftsminister Marnette seine Zustimmung zur Elbvertiefung ohne zu wissen, was am Ende auf dem Papier steht. Solange weder die Altlasten aus den vorangegangenen Vertiefungen noch die Einwendungen gegen die erneuten Vertiefungspläne abgearbeitet sind, kann Schleswig-Holstein sein Einvernehmen nicht erteilen. Bezeichnend für die Arbeit der Planfeststellungsbehörde: Für Schleswig-Holstein ist kein einziger Termin zur Erörterung der hiesigen Einwendungen vorgesehen.

Herzliche Grüße,

Rainder Steenblock

Bundestagsabgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen

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