Feste Fehmarnbelt-Querung verhindern!

PE 19.05.2008

Rainder Steenblock MdB, Michael Cramer MdEP, Dr. Harald Terpe MdB, und Marlies Fritzen, Kandidatin für den Kreis Ostholstein und Landesvorsitzende S-H sehen sich im Anschluss an die Informationsreise durch die südliche Ostsee in ihrer bisher ablehnenden Haltung zum geplanten Bau der Brücke über den Fehmarnbelt bestätigt: die Brücke ist ein ökologisch volkswirtschaftlich unsinniges Projekt, das nicht in eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik passt.

Rainder Steenblock
erklärt zum geplanten Staatsvertrag: Das Motto „Augen zu und durch“ ist keine Verhandlungsstrategie! Schon Ende vergangenen Jahres sollte der Staatsvertrag über die Fehmarnbelt-Brücke zwischen Deutschland und Dänemark in trockenen Tüchern sein. Doch inzwischen versucht Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Austermann sogar, den um ein gutes Jahr bis zum Dezember dieses Jahres verschleppten Termin als seinen persönlichen Erfolg zu verkaufen.
Ich will Klarheit von der Bundesregierung, doch auf meine Nachfrage gibt es nur Halbgares: die Bundesregierung lässt prüfen, schränkt ein, schwächt ab. Da sind noch inhaltliche und formale Abstimmungen erforderlich, von den Kosten für die geplante Anbindung der Brücke ans Hinterland über die Schiene hat die Bundesregierung keine Ahnung, Vorbehalte auf dänischer Seite werden ignoriert. Dennoch verhandelt die Bundesregierung über einen Staatsvertrag mit den Dänen, nach dem Motto: „Augen zu und durch“. Da stellt sich die Frage, ob die Bundesregierung über den tatsächlichen Stand der Verhandlungen hinwegtäuschen will, oder ob sie gleich ganz ohne Plan verhandelt. Unsouveränität und Desinteresse sind aber keine politische Strategie. Bundesumweltminister Gabriel hat es bei einem Ortstermin jüngst auf den Punkt gebracht: Die Fehmarnbelt-Brücke ist bekloppt! Minister Gabriel, überzeugen Sie auch Ihre Kabinettskollegen!

Die Antwort auf meine Kleine Anfrage „Verwirklichung der Fehmarnbelt-Querung – Staatsvertrag und Finanzierung“ finden Sie hier als PDF-Download

Michael Cramer zu dem Verkehrsprojekt: Die Querung des Fehmarnbelt zwischen Deutschland und Dänemark ist ein typisches Projekt des Kalten Krieges und war schon vor der Wende und der Aufnahme der neuen Mitgliedstaaten in die EU geplant worden. Seit 1989 hat sich aber Europa gewaltig verändert. Die Verkehrsströme sind von diesen Veränderungen nicht minder betroffen. aus der europäischen Sicht zeigt sich deutlich, dass die geplante Fehmarnbelt-Querung an den realen Verkehrsströmen vorbei geplant ist. Die Nord-Süd-Verkehre finden unter anderem besonders auf der Achse über Rostock statt. Im Güterverkehr haben alle Häfen an der Ostsee gewonnen und transportieren heute etwa doppelt so viele LKW-Anhänger. In Rostock sind diese Zahlen um mehr als das Hundertfache von 3900 auf 416000 angestiegen. Den Verkehr über die Nadelöhre Hannover und Hamburg auf die Fehmarnbelt-Brücke zu führen wird zum Verkehrskollaps in den Regionen führen. Im Weiteren ist der Hinweis, dass die Fehmarnbelt-Brücke auch eine Bahnverbindung vorsieht, irreführend, denn die Anbindung wird mangelhaft bleiben. Ein Antrag der Bahn, die eingleisige Anbindung zu fördern, wurde von der EU-Kommission abgelehnt. Diese fördert nämlich nur zweigleisige Strecken. Offenbar setzt aber auch die Bahn andere Prioritäten, sonst hätte sie sich für einen robusteren Ausbau eingesetzt. Im Ergebnis wird die Fehmarnbelt-Brücke, sollte sie kommen, ein reines Straßenprojekt!

Zu den Auswirkungen in der Region Ostholstein erklärt Marlies Fritzen: der Bau der Brücke ist eine Katastrophe für die Menschen und die Umwelt auf der Ostseeinsel, die mit ihrer Schönheit und artenreichen Natur bislang jährlich tausende Urlauber angezogen hat. Die Ferieninsel Fehmarn wird mit dem Brückenbau aber über Jahre zu einer gigantischen Großbaustelle verkommen, der gesamte Kreis Ostholstein zum Transitland zwischen Hamburg und Malmö. Hunderte Arbeitsplätze werden auf der Insel vernichtet, wenn der Schiffsverkehr eingestellt wird. Wirtschaftsbetriebe siedeln sich an den Endpunkten der Transitlinie an, aber nicht in Ostholstein. Der Tourismuskreis Ostholstein wird dagegen durch zunehmenden Schwerlastverkehr belastet. Zudem beschädigt der Brückenbau das ohnehin bereits schwer gestörte Ökosystem Ostsee nachhaltig. Wir GRÜNE bleiben dabei: Die feste Fehmarnbelt-Querung ist eine ökonomische und ökologische Katastrophe für die Insel Fehmarn und den gesamten Kreis Ostholstein. Die Brücke darf nicht gebaut werden!

Harald Terpe ergänzt: Für die Fehmarnbelt-Querung werden täglich 9.000 Fahrzeuge prognostiziert. Das entspricht in etwa dem Aufkommen im Rostocker Warnowtunnel, dem ersten privat finanzierten Verkehrsprojekt in Deutschland. Und hier reicht das Verkehrsaufkommen schon nicht aus, um nur 220 Millionen Baukosten zu refinanzieren. Auch ein Vergleich mit der Öresundbrücke zeigt, dass dort etwa 90 Prozent des Verkehrsaufkommens von insgesamt etwa 16.000 Fahrzeugen allein durch Pendler zwischen den Ballungsräumen Kopenhagen und Malmö verursacht werden – ein Effekt, der am Fehmarnbelt nicht erzielt werden kann.


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