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Nachhaltig für Europa

Fachgespräch zur Revision der EU-Nachhaltigkeitsstrategie

 

Die grünen Bundestagsabgeordneten Winfried Hermann, Rainder Steenblock, Sylvia Kotting-Uhl, Marieluise Beck, der grüne Abgeordnete im Europaparlament Michael Cramer, Dr. Günther Bachmann (Leiter der Geschäftsstelle des Rates für Nachhaltige Entwicklung), John Hontelez (Generalsekretär European Environmental Bureau Brüssel), Dr. Christian Hey (Generalsekretär des Sachverständigenrates für Umweltfragen), Barbara Steffner (Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland), Dr. Thomas Jostmann (Executive Director European Chemical Industrie Council) - sie alle waren Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Fachgesprächs zur Revision der EU-Nachhaltigkeitsstrategie, das am 13. März im Berliner Marie-Elisabeth-Lüders-Haus stattfand.

EG-Vertrag: Nachhaltige Entwicklung ist übergeordnetes Ziel

Im EG-Vertrag ist die nachhaltige Entwicklung als das allen Gemeinschaftspolitiken und –Maßnahmen übergeordnete Ziel verankert. Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialpolitik sollen so gestaltet werden, dass sie sich gegenseitig stärken.

Die TeilnehmerInnen des Fachgesprächs waren sich darüber einig, dass die 2001 in Göteborg verabschiedete EU-Nachhaltigkeitsstrategie dieser Anforderung nicht gerecht wird. Sie blieb ein Dokument und wurde nicht Handlungsanleitung für eine übergeordnete Strategie, was allgemein bedauert wurde. Aus diesem Grund ist die derzeitige Revision der EU-Nachhaltigkeitsstrategie dringend notwendig. Die Überarbeitung, so der Konsens, bietet die Chance, die EU-Nachhaltigkeitsstrategie zu verbessern. Kritik ist aber von allen Beteiligten dahingehend geäußert worden, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten die Notwendigkeit einer global angelegten Nachhaltigkeitsstrategie zwar theoretisch erkannt haben, deren praktische Präzisierung jedoch oftmals zu wünschen übrig lässt. Dies werde insbesondere in der Mitteilung der Kommission zur Revision der EU-Nachhaltigkeitsstrategie deutlich, denn es fehlten konkrete mittel- und langfristige Zielvorgaben (Höchstwerte, Umsetzungszeiträume etc.) und Strategien, Leitplanken und Obergrenzen von Seiten der EU, um eine nachhaltige Politik, die die einzelnen Fachbereiche koordiniert, zu forcieren. Solche Obergrenzen etc. wurden von den GesprächsteilnehmerInnen gefordert. Gemessen an den Herausforderungen hinke die EU hinter sich selbst hinterher.

Zudem bestand Einigkeit darüber, dass Indikatoren für die Bewertung der bisherigen EU-Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt werden müssen, denn nur so sei eine zukünftige nachhaltige Politik der EU zu gewährleisten. Der Vorschlag der Kommission, durch einen alle zwei Jahre erscheinenden Fortschrittsbericht die Umsetzung der europäischen Vorgaben auf nationaler Ebene voranzutreiben, sei hier möglicherweise ein Schritt in die richtige Richtung. Eine Hauptforderung der Referenten war, dass die einzelnen Politikfelder der EU kohärenter werden müssen.

Die Kommission müsse in der Zukunft dafür sorgen, dass die Nachhaltigkeitsziele konsequent umgesetzt werden. Sie müsse selbstbewusster für die Einhaltung der - selbst formulierten - ambitionierten Ziele einstehen.

Ebenfalls Einigkeit bestand in dem Punkt, dass eine breite Debatte über die EU-Nachhaltigkeitsstrategie und ihre Überarbeitung unter allen beteiligten Akteuren und Gremien dringend notwendig ist. In der Vergangenheit war eine solche breite Debatte zu selten zu beobachten, so der Vorwurf der Referenten. Es müsse zu einer Revitalisierung der EU-Nachhaltigkeitsstrategie einerseits von unten (Fachpolitiken), andererseits gleichzeitig von außen (nationale Parlamente, NGOs, Gewerkschaften etc.) kommen, um in der Lage zu sein, mittel- und langfristige Ziele (etwa eine Agenda 2020 bzw. 2030) zu formulieren.

So ist die Nachhaltigkeit innerhalb der EU zwar als ein übergeordnetes Politikziel angelegt, auf nationalstaatlicher Ebene kommt dies jedoch oftmals zu kurz. Durch die mangelnde Steuerungsfunktion der Kommission ist eine Kluft zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten entstanden: So haben Deutschland und Großbritannien sehr ambitionierte nationale Nachhaltigkeitsstrategien, andere EU-Mitgliedstaaten dagegen haben noch gar keine nationale Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet.

Alle Anwesenden waren sich zudem darüber einig, dass die Nachhaltigkeit als dritte Säule der Lissabon-Strategie wieder gleichberechtigt integriert werden muss und nicht nur zu den Zielen Wachstum und Beschäftigung (die ersten beiden Säulen) hinzu addiert werden darf.

Die derzeitige österreichische Ratspräsidentschaft bietet die Chance, die EU- Nachhaltigkeitsstrategie weiter zu forcieren, Alternativen zur bisherigen Nachhaltigkeitsstrategie zu formulieren und konkrete Zielvorgaben festzulegen. Sollte sich im Juni herausstellen, dass auch die kommende Strategie nicht tiefgehend genug ist, wäre nach Finnland die deutsche Ratspräsidentschaft ab Januar 2007 gefordert.

Hier kommt es auf eine intensive Zusammenarbeit zwischen der Kommission und dem jeweiligen Land, das die Ratspräsidentschaft innehat, an.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die EU-Nachhaltigkeitsstrategie

In der letzten Legislaturperiode gelang es unter Federführung von Bündnis 90/Die Grünen einen Parlamentarischen Beirat für Nachhaltigkeit im Bundestag zu installieren.

Der Rat hat die Aufgabe, die nationale Nachhaltigkeitsstrategie kritisch zu begleiten, neue nachhaltigkeitsrelevante Themen in die Diskussion einzubringen und eine Vernetzung zur EU-Ebene und in die Parlamente der anderen Mitgliedsländer zu ermöglichen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN müssen in der Zukunft zudem verstärkt in einen konstruktiven Austausch mit – nicht nur grünen – europäischen Parteien, Parlamenten, NGOs, Gewerkschaften, Verbänden und anderen Interessenvertretern treten. Außerdem muss die Chance genutzt werden, über nationale Regierungen, an denen grüne Parteien beteiligt sind, konkrete Vorschläge für eine effektivere EU-Nachhaltigkeitsstrategie einzubringen.

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