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Für sauberes Klima im Hafen und auf See

Wenn es um die größten Klimaschädiger unter den Verkehrsträgern geht, denken wir zuerst an Sprit fressende Autos und Kerosin schluckende Flugzeuge. Schiffe dagegen haben das Potenzial zum umweltverträglichsten Transportmittel – oder etwa nicht? Über ihr Ziel eines Schiffsverkehrs mit möglichst wenig Ausstoß von Schwefel und CO2 waren sich die Diskutanten schnell einig, über den Weg gingen die Auffassungen auseinander.

Rainder Steenblock, europapolitischer Sprecher und Sprecher für Häfen und Schifffahrt, und Winfried Hermann, verkehrspolitischer Sprecher, hatten in Kooperation mit der grünen Bürgerschaftsfraktion ins Hamburger Rathaus eingeladen, um im Fachgespräch „Schlechtes Klima zu Wasser und zu Land – Instrumente gegen Schiffsemissionen“ Instrumente für einen sauberen Schiffsverkehr zu diskutieren. Die Bundestagsabgeordneten diskutierten mit Christian Maaß, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und umweltpolitischer Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, und weiteren Fachleuten aus Politik, Verbänden und Unternehmen vor rund 40 Gästen, welchen Anteil der Schiffsverkehr z.B. am Ausstoß der Klimaschädiger CO2 und Schwefel hat, welche Auswirkungen auf das Klima zu befürchten sind und welche Maßnahmen und Instrumente wir für einen ökologisch nachhaltigen Schiffsverkehr brauchen.

Rainder Steenblock begrüßte in seiner Einführung die Initiative der EU-Kommission, eine Europäische Meerespolitik zu entwickeln. Angesichts der zunehmenden Belastungen unserer Meere durch Schiffsemissionen, Einträge aus der Landwirtschaft, Überfischung und unsichere Schiffe sei eine stimmige Strategie zum Schutz der Meere dringend notwendig. Schließlich haben die Meere für die EU eine besondere Bedeutung als Transportweg, Nahrungsquelle, Handelsroute, Erholungsgebiet und Klimaregulierer. Meere halten das Klima im Gleichgewicht, indem sie etwa die Hälfte des vom Menschen erzeugten Kohlendioxids binden. „Endlich hat die Kommission den Handlungsbedarf erkannt. Der Schutz der Meere liegt auch im Interesse der EU“, so Rainder Steenblock. Die EU sei quasi eine Halbinsel mit 70.000 Kilometern Küste zwischen Nord- und Ostsee, Atlantik, Mittelmeer und dem Schwarzen Meer. Rund 40 Prozent der Bevölkerung leben in Küstengebieten, dort werden 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet. Nahezu alle weltweit gehandelten Waren werden über die Meere transportiert. „Die EU muss eine umfassende und nachhaltige Schutzpolitik für unsere Meere entwickeln. Leider wird die EU ihrer Verantwortung bisher nicht gerecht“, so Rainder Steenblock weiter. Landwirtschaft und Fischerei bleiben in den aktuellen Vorschlägen für eine Europäische Meerespolitik weitgehend außen vor. Erste zaghafte Schritte, um die Emissionen aus dem Schiffsverkehr in den Griff zu bekommen, sind immerhin gemacht: die Kommission schlägt vor, die Einrichtung von Landstromanschlüssen in Häfen zu prüfen, Landstrom von der Steuer zu befreien und den Schwefelgehalt in Kraftstoffen deutlich zu senken.

Winfried Hermann stellte die Forderungen der grünen Bundestagsfraktion vor, die mit dem Antrag „Klima- und umweltpolitische Herausforderungen der Hochseeschifffahrt“ in den Bundestag eingebracht werden. Viele der Schiffe, die auf den Meeren kreuzen, bekämen im Straßenverkehr die rote Karte. Wenn wir nicht eingreifen, wird das Problem noch größer. Denn der Containerboom hat seine Schattenseiten: bis zum Jahr 2020 wird der Schiffsverkehr um knapp 60 Prozent wachsen, der CO2-Ausstoß wird nach Schätzungen im selben Zeitraum um 72 Prozent zunehmen. Für Flugzeuge und den Straßenverkehr gebe es klar festgelegte Reduktionsziele, so der verkehrspolitische Sprecher. Ähnliche Regelungen brauche auch der Schiffsverkehr. Daher gehörten die Schiffsemissionen bei den Klimaverhandlungen auf Bali auf die Tagesordnung. Es müsse geprüft werden, den Schiffsverkehr in einen internationalen Handel mit Emissionsrechten einzubeziehen. Eine Maßnahme vor Ort sei die Versorgung mit Landstrom für Schiffe, die in Häfen liegen, eine weitere die verbesserte Qualität der Kraftstoffe bis zum gänzlichen Verbot von Schweröl in der Schifffahrt.

Volker Brenk vom Umweltbundesamt warf einen kritischen Blick auf die Landstromversorgung und warnte davor, eine Insellösung zu diskutieren, ohne das Problem an der Wurzel zu packen. Es könnten erheblich mehr schädliche Emissionen eingespart werden, wenn die Qualität der Kraftstoffe verbessert und Schweröl als Treibstoff verboten würde. In der Frage des Schwerölverbots ziehe das Umweltbundesamt mit Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee an einem Strang und unterstütze die Bundesregierung in ihrer Position vor der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO (International Maritime Organisation).

„Können wir die Schadstoffe im Schiffsverkehr mit Windkraft drosseln?“ – wollte Moderator Rainder Steenblock von Stephan Wrage, Vorsitzender der Geschäftsführung des Unternehmens Skysails, wissen. Windkraft biete enorme Einsparpotenziale an Kosten und Emissionen: Windkraft ist auf hoher See im Überfluss vorhanden, vollständig emissionsfrei und billiger als Öl. Noch können Wind betriebene Schiffe den Antrieb mit regulären Treibstoffen nicht vollständig ersetzen, die Einsparpotenziale lägen bei zehn bis 50 Prozent. steigende Ölpreise kurbelten die Nachfrage nach alternativen Antrieben an. Im kommenden Jahr gehen die ersten windbetriebenen Frachtschiffe des Unternehmens in Serienproduktion. Für die Containerschifffahrt sei der Windantrieb noch nicht geeignet. An die politischen Entscheidungsträger richtete Stephan Wrage drei Forderungen: ein Verbot des schwefelreichen Schweröls, die Aufnahme der Schifffahrt in den Handel mit CO2-Emissionsrechten und eine stärkere Förderung der Investitionen in Wind-Antriebsanlagen.

„Was tun die Reeder, um das Ökopotenzial der Schifffahrt zu nutzen?“ fragte Rainder Steenblock Dr. Hans-Heinrich Nöll, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder. „Wir wollen die Ökobilanz der Schifffahrt verbessern“, erklärte Dr. Nöll das gemeinsame Ziel. Nationalen Alleingängen und Lösungen auf EU-Ebene erteilte er eine Absage. Nur internationale Vereinbarungen garantierten gleiche Standards für alle. Daher müssten die Staaten in der Internationalen Schifffahrtsorganisation im Frühjahr 2008 Regelungen finden. Dr. Nöll betonte, dass das Schiff unter allen Verkehrsmitteln noch immer das umweltfreundlichste sei. Auf die Gesamtbilanz komme es an. An der einen Stelle CO2 einzusparen dürfe nicht bedeuten, dass an anderer Stelle neues CO2 entstünde. Diese Gefahr sieht der Reederverband bei der Landstromversorgung. Schließlich müssten die riesigen Strommengen erst einmal produziert werden, um zum Beispiel ein im Hafen liegendes Kreuzfahrtschiff zu versorgen. Auch die technischen Voraussetzungen seien nicht zu unterschätzen. Dr. Nöll sprach sich gegen ein Verbot von Schweröl aus. Er setzt auf den Markt: je höher die Kosten, desto größer der Anreiz für Reeder, auf alternative Kraftstoffe umzusteigen. Destillate seien allerdings nicht die optimale Lösung.

„Was kann die Landespolitik tun? Muss sie auf die IMO warten, oder kann sie mit intelligenten Lösungen vor Ort voran gehen?“ Diese Fragen richtete Moderator Rainder Steenblock an Christian Maaß. Er forderte globale Lösungen und Maßnahmen vor Ort. Der umweltpolitische Sprecher der GAL stellte das Konzept „Green Shipping“ vor, das niedrige Hafengebühren z.B. für Schiffe mit Rußpartikelfilter vorschlägt. Wie das Landstromprojekt in Lübeck-Travemünde zeige, sei die landseitige Stromversorgung eine weitere gute Möglichkeit, die befürchtete Luftverschmutzung in den Griff zu bekommen, wenn Ozeanriesen wie die „Queen Mary“ an den geplanten Kreuzfahrtterminals in Hamburg-Altona und der Hafencity anlegen.

Zum Abschluss bilanzierte Winfried Hermann: „Wenn wir die Emissionen in den Griff bekommen wollen, müssen wir an die Kraftstoffe ran!“ Ein Schwerölverbot allein werde nicht reichen. Auch der Einsatz von Biokraftstoffen sei kein Allheilmittel. Die Versorgung mit Landstrom sei eine geeignete Maßnahme vor Ort, helfe aber nicht, die Emissionen auf See einzudämmen. Wirksamer sei eine Energie- und Effizienzstrategie für den Schiffsverkehr, die an allen Ebenen ansetze: von Vereinbarungen der Internationalen Schifffahrtsorganisation über ein Vorangehen der EU, wo auf internationaler Ebene Stillstand herrsche, bis zu verbesserten Kraftstoffen, Windkraft und Sonnenenergie.



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