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Haushalt 2009 Einzelplan Auswärtiges (Epl. 05)

26.11.2008 Rede Deutscher Bundestag

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Viele von uns haben in dieser Haushaltswoche festgestellt, dass die politische und ökonomische Kraft der Europäischen Union zur Bewältigung der aktuellen Krise dringend notwendig ist, dass wir diese Kraft brauchen und die Bürgerinnen und Bürger Europas – das zeigen alle Umfragen – auf die Kraft der Europäischen Union vertrauen, dass sie darin ein Lösungsinstrument sehen, das über die Möglichkeiten der Nationalstaaten hinausgeht.

Das ist insbesondere für die Debatte über den Lissabon-Vertrag wichtig; denn die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, die die Menschen von der EU erwarten, damit solche Krisen auch auf struktureller Ebene überwunden werden können, wird durch den Lissabon-Vertrag verbessert. Das wissen alle. Die Handlungsfähigkeit und die demokratischen Kontrollmöglichkeiten Europas werden durch den Lissabon-Vertrag gestärkt. Deshalb ist es ein gutes Signal, dass das tschechische Verfassungsgericht heute grünes Licht für Tschechien gegeben hat. Damit sind wir der Stärkung der Handlungsfähigkeit Europas einen Schritt näher gekommen. Das ist wichtig. Das sollten wir begrüßen.

Allerdings war es für mich sehr befremdlich – gestatten Sie mir, das einmal zu sagen –, dass der Präsident Tschechiens das Verfassungsgericht seines Landes gestern noch einmal aufgefordert hat, in seinem Sinne zu entscheiden, weil die Souveränität des Landes gefährdet sei.

Heute hat das Verfassungsgericht aber gesagt – das zeigt die demokratische Kultur Tschechiens –: Es ist uns völlig egal, was der Präsident sagt; wir entscheiden nach den Gesetzen dieses Landes.

Das ist ein wichtiges Signal. Die Tatsache, dass der Präsident, der die Souveränität seines Landes immer hochhält, heute gesagt hat: „Ob ich jetzt unterschreibe? Wollen wir erst einmal abwarten, ob die Iren unterschreiben“, er seine Entscheidung über die Ausübung zentraler Souveränitätsrechte also von der Entscheidung eines anderen Landes abhängig macht, zeigt seine politische Gesinnung. Auch das muss an dieser Stelle einmal gesagt werden.

Ich möchte mich an die Haushaltspolitiker wenden und mich einmal ganz herzlich bedanken. Herbert Frankenhauser, aber auch der Kollege Mark und andere haben schon deutlich gemacht, dass die Aufstockung dieses Haushaltes, gerade was die auswärtige Kulturpolitik angeht, ein sehr positives Signal ist. Rot-Grün hat damit in der vergangenen Legislaturperiode begonnen. Die Große Koalition hat diesen Weg fortgesetzt. Ich halte das für eine der – im wohlverstandenen Sinne – besten Interessenwahrnehmungen Deutschlands, die wir in unserer auswärtigen Politik machen können. Dafür noch einmal herzlichen Dank an das Ministerium und den Minister.

Ich habe eine zweite Bitte. Kollege Frankenhauser, das, was Sie über die Europäische Union gesagt haben, ist richtig. Ich bitte Sie, sich noch einer anderen Frage im Haushaltsbereich zuzuwenden, die mir große Sorge bereitet. Das ist die Hilfe für Georgien. Wir sind uns hier völlig einig, dass dieses Land unabhängig von der Schuldfrage, die in einem anderen Zusammenhang geklärt werden muss, Unterstützung braucht. Den Wiederaufbau des Landes wollen wir. Aber wir geben jetzt Hilfen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro; das sind fast 40 Prozent eines Haushalts dieses Landes. Wir wissen genau, was passiert, wenn wir in so kleine Länder solche Summen geben, nicht nur hinsichtlich der Absorptionsfähigkeit dieser Länder – das können sie nicht absorbieren –, sondern auch hinsichtlich der Preissteigerung, der inflationären Tendenzen durch so viel Geld, das von außen kommt. Wenn dieses Geld, wie es im Augenblick aussieht, sozusagen nur in Haushaltsbeihilfen fließt, das heißt nicht in gezielte Maßnahmen, dann ist das natürlich auch ein Programm zur Wiederankurbelung der Korruption in Georgien. Ich glaube, dass wir – Deutschland gibt 34 Millionen Euro – ein großes Interesse haben, zu kontrollieren, was mit diesem Geld passiert.

Wir brauchen Transparenz und sollten es nicht zulassen, dass dieses Geld allgemein in den Haushalt fließt. Vielmehr sollte es für konkrete Maßnahmen ausgegeben werden. Das ist meine Bitte an den Haushaltsausschuss.

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Thema ansprechen, das ich wichtig finde. Ich glaube, dass diese Finanzkrise die Chance bietet, einen großen Partner östlich von uns, der zum Teil mit uns zusammen, aber nicht immer mit uns zusammen Politik macht, nämlich Russland, sozusagen wieder ins Boot zu ziehen. Die Finanzkrise hat Russland und denen, die eine – ich sage es einmal so – eher national-chauvinistische Politik betreiben, deutlich gemacht, dass die Kooperation mit den Europäern dringend geboten ist, um all die gravierenden Probleme, die auf die Russische Föderation zukommen, lösen zu können.

Dass wir im Rahmen des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens wieder anfangen zu verhandeln, ist ein guter Schritt. Ein gutes Signal ist auch, dass Putin deutlich gemacht hat, dass der WTO-Beitritt Russlands etwas positiver sein könnte, als es in den letzten Monaten dargestellt worden ist. Wir brauchen die russische WTO-Mitgliedschaft, um das PKA umzusetzen. Dies halte ich für wichtig. Mir wäre es allerdings auch lieb, wenn der russische Präsident in diesem Zusammenhang seine Definition von Einflusszonen um dieses Land zurücknehmen würde. Die ehemaligen Sowjetrepubliken sind selbstständige Staaten, und sie entscheiden selber über ihre Zukunft. Das ist in unserem Interesse. Das gehört zusammen.

Vielen Dank.

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