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Ostseepipeline: EU und Bundesregierung betreiben Energiepolitik zu Lasten unserer Meere

PE 08.07.2008

Zur heutigen Vorstellung des Berichts über die Umweltauswirkungen der geplanten
Ostsee-Pipeline zwischen Russland und Deutschland im Europäischen Parlament
erklärt Rainder Steenblock, Sprecher für Europapolitik und Sprecher für
Schifffahrt und Häfen:

Der heute im Europäischen Parlament diskutierte Bericht über die
Umweltauswirkungen der geplanten Ostsee-Pipeline zwischen Russland und
Deutschland spricht eine deutliche Sprache.

In ihm warnt der polnische Berichterstatter Marcin Libicki den Rat, die
Kommission und die Mitgliedstaaten davor, nicht "alle verfügbaren rechtlichen
Mittel einzusetzen, um den Bau der Nordeuropäischen Gasleitung in dem vom
Investor geplanten Ausmaß zu verhindern, falls offensichtlich werden sollte,
dass das Risiko einer ökologischen Katastrophe im Ostseeraum besteht". Das
derzeitige Vorgehen des Investors würde zu einer "riesigen ökologischen
Katastrophe mit irreparablen Folgen" führen.

Dies ist zum Einen der Tatsache geschuldet, dass nach wie vor cirka 80.000
Tonnen Munitions-Altlasten in der Ostsee liegen, die nach dem Zweiten Weltkrieg
versenkt wurden und deren Durchrostungsgrad bei 80 Prozent liegt. Zum Anderen
ist bedrohlich, dass die Lebensdauer der Pipeline auf lediglich 50 Jahre
veranschlagt wird. Die Folgen für die Meeresumwelt sind heute in keiner Weise
abzuschätzen.

Die Tatsache, dass durch den Bau der geplanten Pipeline auf dem Grund der Ostsee
eine Baustelle mit einer Länge von 1200 Kilometern und einer Breite von zwei
Kilometern - insgesamt eine Fläche von 2400 km² - entstehen würde, bedeutet,
dass durch die Baumaßnahmen die weltweit größte Baustelle unter der
Wasseroberfläche und die weltweit längste Gasleitung mit zwei Trassen
entstünde.

Die Ostsee als ein typisches Binnen- und Flachmeer wurde zu Recht von der
Internationalen Meeresorganisation als "besonders sensibler Meeresbereich"
eingestuft. Schon heute gehört die Ostsee weltweit zu den am stärksten
verschmutzten Meeren. Die geplante Gasleitung würde unter anderem durch Gebiete
führen, die in das Programm Natura 2000 aufgenommen und demnach besonders
schutzwürdig sind.

Es darf nicht dazu kommen, dass die EU den Nutzen ihrer energiepolitischen
Bestrebungen zu Lasten des Schutzes der Meeresumwelt, zu dem sie sich immer
wieder verpflichtet hat, abwägt. Wir fordern die EU dringend dazu auf, zu
prüfen, welche alternativen Möglichkeiten – wie zum Beispiel ein Trassenverlauf
über Land - zu den bisherigen Planungen bestehen.

Hierbei sind sämtliche Auswirkungen auf die Umwelt zu berücksichtigen.
Gleichzeitig muss gewährleistet werden, dass auch andere Anrainerstatten Zugang
zur Pipeline erhalten. Ein Bauprojekt, das acht Mitgliedstaaten der EU als
Ostseeanrainer und 80 Prozent der Ostseeküste, die sich auf EU-Gebiet befinden,
berührt und zudem starke Gefahren für die Umwelt in sich birgt, darf nicht als
bilaterales Projekt zwischen Deutschland und Russland behandelt werden. Die vor
allem von polnischen Abgeordneten geäußerte Kritik der mangelnden Rücksichtnahme
Deutschlands gegenüber den kleinen Küstenstaaten muss von Seiten der
Bundesregierung ernst genommen werden.

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