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Klima statt Autoindustrie schützen

PE 04.12.2008

Zur Verkehrs- und Klimaschutzpolitik der Landes- und Bundesregierung erklärt Rainder Steenblock, grüner Bundestagsabgeordneter aus Schleswig-Holstein:

Eindeutig ist, dass mit dem Verkehr die Klimalasten wachsen: hohe PKW-Dichte, zu viele Straßen und Autobahnen und eine deutsche Premiumklasse, die Unmengen teuren Sprit verschluckt. Wenn der Kieler Wirtschaftsminister Werner Marnette in Berlin Rekordsummen für neue Straßenbauprojekte locker macht und die Bundesregierung als Konjunkturspritze Steuergeschenke für Spritfresser verteilt, gehen weitere Jahren für den Klimaschutz im Straßenverkehr verloren. Sicher ist es richtig, möglichst schnell dort loszulegen, wo der Asphalt bröckelt, wo Engpässe gefährlichen Stau verursachen, wo Schäden zu beseitigen sind. Ebenso engagiert müssen Herr Marnette und die Landesregierung jedoch für den Ausbau von Bahnlinien und gegen die Kürzung der Regionalisierungsmittel, die dem öffentlichen Verkehr zugute kommen, streiten. 30-40 Mio. CO2-Tonnen in Deutschland kann man nicht sparen, wenn wir ungehemmt Dreckschleudern auf die Straße setzen und die Autoindustrie mit Privilegien zur weiteren Klimabelastung ausstatten.

Wir brauchen dringend wirksamen Klimaschutz im Verkehr. Der entscheidende Hebel für mehr Klimaschutz im Autoverkehr sind anspruchsvolle Grenzwerte für Neufahrzeuge. Die Bundesregierung fordere ich deshalb auf, den Schmusekurs mit der Autoindustrie zu beenden und sich endlich für einen Grenzwert von 120 g CO2/km in 2012 ohne Anrechnungen einzusetzen. Nur mit Konzepten einer "nachhaltigen Mobilität" ist es möglich, den Verkehr unter Klimaschutzvorzeichen zu stellen. Wir müssen weg vom Öl, die Effizienz bei allen Verkehrsträgern deutlich erhöhen, alternative Antriebe und Kraftstoffe nutzen, Geschwindigkeit rausnehmen und jetzt in Forschung und Entwicklung investieren für die klimafreundlichen Autos, Flugzeuge oder Schiffe von morgen. Die Klimalast aus dem Verkehr kann wirksam vermindert werden, allerdings nur, wenn das Verkehrswachstum gebremst wird, sonst werden alle Effizienzerfolge wieder kompensiert.

Auch die verkürzte Formel „Autobahn = Aufschwung = Arbeitsplätze“, der offenbar Wirtschaftsminister Marnette noch anhängt, ist wissenschaftlich lange widerlegt. In Deutschland lässt sich der Zusammenhang Autobahnbau und Arbeitsplätze nicht nachweisen. In den wirtschaftlichen Musterländern Bayern und Baden-Württemberg mit ihren geringen Arbeitslosenquoten stehen die Autobahnen nur halb so dicht wie in anderen Bundesländern mit weitaus höheren Arbeitslosenquoten. Trotzdem behaupten Politiker wie Marnette weiter, zusätzliche Autobahnen würden Arbeitsplätze schaffen. Sachlich begründen können sie dies jedoch nicht. Arbeitsplätze entstehen nicht durch den Bau von Betonrennstrecken, sondern durch die Stärkung mittelständischer Betriebe. Diese würden durch ein Gebäudesanierungsprogramm bei weitem besser unterstützt werden.

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