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PE 03.11.2006 Menschenrechte bei der Kooperation mit zentralasiatischen Staaten in den Mittelpunkt rücken

Zum Abschluss der Reise mit Außenminister Steinmeier durch Zentralasien erklärt Rainder Steenblock, europapolitischer Sprecher:

 

Für mich war die Reise mit Außenminister Steinmeier durch Zentralasien eine einzigartige Gelegenheit, mir ein eigenes Bild von der Lage in Zentralasien für die Fraktion zu machen.

 

Zentralasien war für die bündnisgrüne Außenpolitik immer ein wichtiges Thema. Als einziger EU Partner ist Deutschland in allen fünf zentralasiatischen Staaten mit Botschaften vertreten. Es ist konsequent und richtig, Zentralasien während der deutschen EU Präsidentschaft hoch auf die politische Agenda zu setzen.

 

Die Reise hat für mich bestätigt: Zentralasien ist eine vielschichtige und facettenreiche Region. Wir dürfen die Länder nicht einfach über einen Kamm scheren.

 

Tadschikistan zählt zu den ärmsten Ländern der Welt, 80 Prozent der Bevölkerung dort leben unter der Armutsgrenze. Diesen Menschen muss die EU vor allem auch mit wirtschaftlicher Zusammenarbeit helfen. Für eine nachhaltige Entwicklung muss auch die Zivilgesellschaft in Tadschikistan gestärkt werden. Ein Schwerpunkt muss der Zugang zu Erziehung und Bildung für Alle sein. Das Regime von Präsident Rahmonov ist nicht vom Volk legitimiert, die Präsidentschaftswahlen 2005 waren eine Farce. Unabhängige Medien wurden vor den Wahlen systematisch zum Schweigen gebracht. In der Kooperation mit Tadschikistan muss die EU auf schnelle Fortschritte bei Wiederbelebung der Pressefreiheit dringen.

 

Das wirtschaftlich in der Region erfolgreichste Kasachstan will aktiver Akteur in der internationalen Staatengemeinschaft werden. Im Dezember wird in der OSZE über die Bewerbung Kasachstans um den OSZE Vorsitz 2009 entschieden. Außenminister Steinmeier hat dazu die deutsche Unterstützung zugesagt. Ich meine: Ein kasachischer OSZE Vorsitz kann gut sein, um die OSZE-Teilnehmerstaaten wieder zusammenzubringen und den Konsens in der OSZE über Grundwerte und Standards wiederherzustellen. Kasachstan muss aber zeigen, dass es zur Übernahme einer solchen Führungsrolle in der Lage ist. Davon bin ich noch nicht überzeugt. Die Menschenrechtssituation in Kasachstan ist weiterhin besorgniserregend. Demokratiestandards werden nicht eingehalten und die Oppositionsparteien sind nicht arbeitsfähig. Und Kasachstan müsste sich auch vom "Astana Appell" distanzieren, mit dem einige GUS Staaten einen Fundamentalangriff gegen unabhängige Wahlbeobachtung durch die OSZE fahren.

 

Kirgistan befindet sich nach dem Sturz der Regierung Akaiev im März 2005 und den Präsidentschaftswahlen im Juli 2005 auf einem extrem fragilen Kurs politischer Stabilisierung und Demokratisierung. Die deutsche Botschaft ist die einzige europäische Botschaft in Kirgistan und die deutsch-kirgisische Zusammenarbeit ist in allen Bereichen besonders eng. Während der Unruhen im März 2005 hatte bündnisgrüne Außenpolitik sofort Verantwortung übernommen und einer friedlichen Entwicklung den Weg geebnet. Da muss die Bundesregierung jetzt weiter machen. Große Herausforderungen sehe ich im Kampf gegen die Korruption und die Verquickung organisierter Kriminalität mit der Politik.

 

Usbekistan steht am Scheideweg: Das usbekische Regime weigert sich weiterhin, die blutigen Vorfälle von Andijan im Mai 2005 von einer unabhängigen internationalen Kommission untersuchen zu lassen. Die Menschenrechtslage in Usbekistan ist katastrophal. Wir dürfen Usbekistan jetzt aber nicht aufgeben, sondern die EU muss den Menschenrechtsdialog mit Usbekistan konkretisieren und Zwischenziele der Implementierung einfordern. Die Politik der EU und der Bundesregierung der letzten Monate hat nicht den gewünschten Erfolg gezeigt. Deswegen muss neu über eine politische Strategie nachgedacht werden, die Usbekistan nicht isoliert, aber einen klaren Menschenrechtsdialog beinhaltet. Und zu Termez, dem Luftwaffenstützpunkt der ISAF-Truppenstellerstaaten für Afghanistan, muss die Bundesregierung - muss die EU Präsidentschaft – den Usbeken klar sagen: Wir sind nicht erpressbar, wir haben eine Alternative. Die Lage in Turkmenistan ist tragisch. Für die Menschen in Turkmenistan gibt es weder Grundrechte noch Grundfreiheiten. Diese existieren lediglich auf dem Papier. Präsident Niasov unterdrückt nicht nur die Zivilgesellschaft, sondern er erstickt systematisch jede Form zivilen Lebens. Ein letzter Schritt ist die komplette Demontage des Bildungs- und Erziehungssystems. Eine Änderung der Lage in Turkmenistan kann ich mir nur vorstellen, wenn auch die Wirtschaft, gerade auch deutsche Unternehmen und Banken, endlich Verantwortung für die Menschen in Turkmenistan übernimmt.

 

Meine Empfehlung an die deutsche EU Präsidentschaft insgesamt: Menschenrechte in den Mittelpunkt rücken und für alle Staaten in Zentralasien länderspezifische Kooperationsprojekte entwickeln. Regionale Zusammenarbeit muss durch kreative Ansätze gefördert werden, die die Menschen in Zentralasien zusammenbringen. Da bin ich zum Beispiel stolz auf die OSZE Akademie in Bischkek, ein "Baby" bündnisgrüner Außenpolitik in der OSZE und Zentralasien. An der Akademie können heute Studenten und Studentinnen aus ganz Zentralasien einen Master erwerben und werden fit gemacht für ein demokratisches Zentralasien von morgen. Solche Projekte müssen ausgebaut und weiter gefördert werden.