Menü
Zur Eröffnung der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei erklärt Rainder Steenblock, europapolitischer Sprecher:
Nun haben die eigentlichen Verhandlungen zum EU-Beitritt der Türkei begonnen. Wir begrüßen, dass nach acht Monaten des Screening-Prozesses das erste der 35 Verhandlungskapitel erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Gleichwohl liegt ein Schatten über dem gestrigen Verhandlungstag: Der noch immer ungelöste Zypernkonflikt droht zum dauerhaften Problem der Beitrittsverhandlungen zu werden. Daran sind beide Seiten, die Türkei und Zypern, nicht unschuldig. Die Türkei weigert sich weiterhin, ihren Verpflichtungen aus dem Ankara-Protokoll nachzukommen und die Zollunion mit der EU auch auf Zypern anzuwenden. Und die zypriotische Regierung missversteht die eigene EU-Mitgliedschaft als bilaterales Druckmittel gegenüber der Türkei und verkompliziert so den gesamten Verhandlungsprozess. Beide Seiten müssen sich deshalb bewegen.
Unabhängig von der Zypern-Frage muss sich die türkische Regierung allerdings auch fragen lassen, warum ihr Reformelan seit Beginn des Verhandlungsprozesses im vergangenen Oktober so drastisch nachgelassen hat. Die innenpolitische Schwäche der AKP und die im nächsten Jahr anstehenden Wahlen dürfen nicht dazu führen, dass ein weiteres Jahr im Reformprozess verloren geht. Handlungsbedarf gibt es zuhauf: in vielfältiger Form im Südosten des Landes ebenso wie hinsichtlich der Religionsfreiheit oder der Rechte der Frauen. Nur wenn die Türkei die Reformen beherzt vorantreibt und diese nicht nur im Gesetzblatt stehen, sondern auch angewandt werden, werden die Beitrittsverhandlungen ein Erfolg werden.